BGH-Urteil: Widerrufsbelehrung der Sparda-Bank aus 2008 unwirksam, Feststellungsklage weiter zulässig

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Der BGH (Urteil vom 16.05.2017 – XI ZR 586/15) verurteilte aktuell die Sparda-Bank Baden-Württemberg wegen der Verwendung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung.

Die Widerrufsbelehrung lautet auszugsweise wie folgt:

„Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen (einen Monat)1  ohne Angaben von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt einen Tag nachdem Ihnen

– ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung,

– die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags

zur Verfügung gestellt wurden, aber nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses.“

 

In der Fußnote heißt es weiter:

1  „Die Widerrufsfrist beträgt gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB einen Monat, wenn die Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss in Textform dem Kunden mitgeteilt wird bzw. werden kann.“

1. Belehrungsfehler

Bereits in den Vorinstanzen:

  • LG Stuttgart, Entscheidung vom 12.05.2015 – 25 O 221/14
  • OLG Stuttgart, Entscheidung vom 01.12.2015 – 6 U 107/15

wurde zugunsten des Verbrauchers aus folgenden Gründen entschieden:

a)  „der schriftliche Vertragsantrag“

Bei der Formulierung („der schriftliche Darlehensantrag“) liegt eine mangelhafte Aufklärung über den Beginn der Widerrufsfrist vor.

b) „aber nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses“

Zudem klärt die Formulierung zum Fristlauf “aber nicht vor Tag des Vertragsschlusses” nicht hinreichend über das Widerrufsrecht.

c)  Klammerzusatz „zwei Wochen (einem Monat)1

Durch den Klammerzusatz und die Fußnote ist es für den Verbraucher nicht der erforderlichen Klarheit und Eindeutigkeit erkennbar, welche Frist (2 Wochen oder 1 Monat) einschlägig ist.

2. Feststellungsklage zulässig

Der BGH hat mit diesem Urteil klargestellt, dass eine negative Feststellungsklage in Fällen noch laufender Verträge zulässig. Eine Ausnahme besteht mit der Rechtsrechnung des BGH nur dann, wenn die Bank die vom Darlehensnehmer vorgelegten Berechnungen zur Höhe der Ablösesumme bestreitet und andere Zahlen vorlegt. Es wurde vom BGH festgestellt, dass die Bank mit Zugang des Widerrufs keine Ansprüche mehr auf den Vertragszins- und die vertragsgemäßen Tilgungen hat. Der genaue Betrag muss nicht beziffert werden.

Der Vorrang der Leistungsklage gelte nach Maßgabe der Rechtsprechung des BGH, wenn der Kläger

  • die positive Feststellung begehre, der Verbraucherdarlehensvertrag habe sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt,

 

  • weil dann dieses Interesse sich wirtschaftlich mit dem Interesse an der Rückgewähr der auf den Verbraucherdarlehensvertrag erbrachten Leistungen deckt.

nicht dagegen, wenn der Kläger

  • die negative Feststellung begehrt, dass die Bank aufgrund des Widerrufs keine Ansprüche (mehr) aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB hat,

 

  • weil sich dieses Begehren mit einer Leistungsklage aus dem Rückgewährschuldverhältnis nicht abbilden lässt.


 
3. Fazit

Ähnlich hatte der BGH bereits in seinem Urteil vom 14.03.2017 – XI ZR 442/16 und Urteil vom 21.02.2017 – XI ZR 381/16  zu einer Widerrufsbelehrung der Volks- und Raiffeisenbank entschieden.

Daher stehen die Chancen auf Durchsetzung von Ansprüchen aus dem Widerruf für Darlehensnehmer, welche einen Vertrag mit einer gleichlautenden Widerrufsbelehrung haben, sehr gut.

Problematisch ist die rechtliche Lage derzeit im Wesentlichen die Frage der Verwirkung und des Rechtsmissbrauchs. Dazu hat der BGH im angesprochenen Urteil nur im Grundsatz ausgeführt, dass der Richter alle Umstände des Einzelfalls würdigen muss. Dabei ist bspw. auch zu bewerten, ob die Parteien auf Wunsch des Verbrauchers den Darlehensvertrag einverständlich beendet haben.

Wie alle weiteren Umstände, insbesondere die Zeitdauer zwischen Beendigung des Vertrages und Widerruf, zu werten ist, hat der Bundesgerichtshof bislang leider immer noch nicht geklärt.

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Spiegelberg
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank– und Kapitalmarktrecht
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