Gaspreiserhöhungen bei Tarifkunden in der Grundversorgung lt. EUGH unwirksam

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Tarifkunden in der Grundversorgung sind ohnehin schon benachteiligt. Sie bezahlen regelmäßig einen höheren Preis als Sondervertragskunden. Dies liegt daran, dass sie zu geringe Mengen abnehmen bzw. der Versorger verpflichtet ist, überhaupt einen Vertrag mit diesem Kunden abzuschließen. Bei Problemen mit anderen Versorgen ist nämlich der örtliche Versorger verpflichtet, die Grundversorgung mit dem Kunden sicherzustellen (Kontrahierungszwang).

Die Versorger haben in diesen Grundtarifen über die Jahre auch Preiserhöhungen vorgenommen. Natürlich muss ihnen die Möglichkeit eröffnet bleiben, ihrerseits gestiegene Kosten durch Preiserhöhungen auf die Kunden umzulegen. Gleiches gilt aber auch entgegengesetzt für fallende Kosten.
Für Tarifkunden ergab sich das Preiserhöhungs(-anpassungs-)recht seinerzeit aus der AVBGas bzw. der Nachfolgeregelung Gasgrundversorgungsverordnung – GasGVV, in welcher die allgemeinen Versorgungsbedingungen für die Belieferung mit Erdgas gegenüber Kunden festgelegt waren. Die Preiserhöhung bei Tarifkunden war danach so geregelt, dass es lediglich einer öffentlichen Bekanntmachung bedurfte, damit der erhöhte Tarif gegenüber den Verbrauchern galt. Die erhöhten Preise mussten allerdings zuvor durch öffentliche Stellen genehmigt werden.
Der Kunde selbst hatte jedoch kein Einblick, wie sich die Preiserhöhung tatsächlich zusammensetzt.
Auch hatte er keine Möglichkeit, den Preiserhöhungen zu widersprechen. Seine einzige Möglichkeit, den erhöhten Preisen zu entgehen, war, dass der Kunde den Vertrag kündigen und sich einen anderen Anbieter suchen konnte.

Der Europäische Gerichtshof EuGH hatte sich Ende 2014 mit zwei Fällen  C 359/11 und C 400/11 zu beschäftigen, bei welchen die Verbraucher gegen Preiserhöhungen in der Grundversorgung Widerspruch eingelegt hatten.
Sie beklagten einen Verstoß gegen Transparenzvorschriften, welche in europäischen Richtlinien zu Verbraucherschutzzwecken niedergelegt waren und die der deutsche Gesetzgeber erst verzögert umsetzte. Nach ihrer Auffassung sei für sie völlig unklar, warum Preise erhöht wurden und ob diese überhaupt berechtigterweise (der Billigkeit entsprechend) von den Versorger erhöht wurden.

Der EuGH hat dazu festgestellt, dass die gesetzlichen Regelungen zur Preisanpassung  in der AVBGas bzw. in der GasGVV mit europäischem Recht nicht zu vereinbaren sind. Für Kunden in der Grundversorgung bestand somit keine wirksame Rechtsgrundlage für Preiserhöhungen.

Sofern sich Kunden an die Versorger gewendet haben und die Rückzahlung der durch die unzulässigen Preiserhöhungen entstandenen Kosten verlangten, haben sich die Versorger darauf berufen, dass die Verbraucher entweder kein Widerspruch eingelegt haben bzw. die entsprechenden Jahresabrechnungen unbeanstandet gezahlt hätten.

Dies ist so unzutreffend.
BGH hat in seinem Urteil vom 14.07.2010 (Az.: VIII ZR 246/08) festgestellt, dass die vorbehaltlose Zahlung der Jahresschlussrechnung durch den Verbraucher nicht als stillschweigende Zustimmung zum erhöhten Preis gewertet werden. kann.

Unklar ist derzeit noch, ob auch bei Preiserhöhungen im Grundversorgungstarif der Verbraucher Widerspruch gegen die Preiserhöhung eingelegt haben muss. Dagegen spricht, dass mit der betroffenen gesetzlichen Regelungen jedoch den Versorgern ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht schon nicht wirksam eingeräumt wurde Nach dem BGH VIII ZR 211/10 soll es daher weder auf einen Widerspruch des Kunden noch auf die Billigkeit ankommen.

Dass hieße, eine Rückforderung der überhöhten Gaspreise könnte auch gefordert werden, ohne dass der Kunde seinerzeit Widerspruch gegen die Erhöhung eingelegt hat. Es käme ebensowenig darauf an, ob die erhöhten Preise möglicherweise auch gerechtfertigt gewesen waren.

Bei Sonderkunden ist allerdings durch den BGH festgestellt worden, dass diese jedenfalls spätestens drei Jahre nach Erhalt der Jahresschlussrechnung Widerspruch eingelegt haben müssen, da sie ansonsten keinen Anspruch auf Rückforderung zuviel gezahlter Gaspreise mehr haben. Es ist durchaus denkbar, dass diese Regelung zumindest nach Kenntnis des EuGH-Urteils Anwendung findet und gegebenenfalls bestehende Rückforderungsansprüche nach unserer Auffassung somit spätestens bis Ende 2017 geltend zu machen wären.

Wir empfehlen daher vorsichtshalber, dass sie bereits jetzt gegen jegliche Preiserhöhungen vorsorglich Widerspruch einlegen und die Rückforderung verlangen.. Letzten Endes wird darauf abzustellen sein, dass das Recht zum Widerspruch erst mit dem Urteil des EuGH überhaupt entstanden und bekannt geworden ist.

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