Schäden aus fehlerhafter Vermögensverwaltung – Grundlagen der Haftung des Vermögensverwalters

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Wer sein Geld anlegen möchte, jedoch selbst von Geldanlagen nicht genug Ahnung oder auch keine Zeit  hat, nimmt in vielen Fällen die Dienste des Vermögensverwalters in Anspruch. Jener soll im Rahmen der Vermögensverwaltung für eine optimale Umsetzung der Kundenwünsche sorgen. Allerdings ist selbst die professionellste Vermögensverwaltung nicht davor sicher, dass sich aus den Vermögensanlagen Verluste ergeben. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob der Vermögensverwalter für diese Verluste haftet und Schadensersatz zu leisten hat.

1. Nichtbeachtung der Anlagerichtlinien

Jede Vermögensverwaltung beginnt regelmäßig damit, dass der Vermögensverwalter zunächst die Anlageziele des Kunden sowie seine Risikoneigung ausführlich zu erfragen und zu dokumentieren hat. Infolgedessen vereinbaren Anleger und Vermögensverwalter die Anlagerichtlinien. Der Vermögensverwalter hat sich grundsätzlich an diese Anlagerichtlinien zu halten. Die in den schriftlich dokumentierten Anlagerichtlinien enthaltenen Wörter und Wortgruppen sind oft nicht gesetzlich definiert. Daher ist stets die Frage der Auslegung dieser banktechnisch verwendeten Termini streitig. Die Anlagerichtlinien sollen grundsätzlich den Handlungsspielraum des Vermögensverwalters einschränken und ihn diesbezüglich an die Anlageziele und Wünsche des Kunden binden.
Innerhalb dieser Richtlinien kann der Vermögensverwalter grundsätzlich über das Vermögen des Kunden verfügen und selbständig Anlageentscheidungen treffen. Dabei muss er stets die produktive Anlage des Vermögens und die optimale Umsetzung der Ziele des Anlegers im Auge haben.

Weicht der Vermögensverwalter von diesen Anlagenrichtlinien ab und entstehen daraus Verluste, so treffen den Vermögensverwalter grundsätzlich Schadensersatzansprüche.
Anders jedoch, wenn aus diesen weisungswidrigen Anlagegeschäften Gewinne entstehen, so kann nicht automatisch daraus geschlossen werden, dass der Anleger mit einer Abänderung der Anlagestrategie einverstanden ist. Diesbezüglich bedarf es vielmehr eines gesonderten Hinweises des Vermögensverwalters, dass die Gewinne aus dieser Abweichung von den Anlagerichtlinien entstanden sind.
Zu Beginn der Vermögensverwaltung erfolgt zunächst eine Erstanlage der verwalteten Gelder anhand der Anlageziele des Kunden. Dabei wird das aktuelle Marktumfeld in die Entscheidung, welche Anlageobjekte erworben werden, natürlich einbezogen.

In der dann folgenden, laufenden Vermögensverwaltung ist der Vermögensverwalter vom Grundsatz her ständig dazu verpflichtet, eine Überwachung des Finanzmarktes und der für den Kunden erworbenen Finanzprodukte sicherzustellen. Es besteht grundsätzlich keine Verpflichtung, dass der Vermögensverwalter tätig werden muss. Jedoch hat er die Verpflichtung, das Portfolio und das Marktumfeld zu beobachten, um die von den Anlagerichtlinien umfassten Ziele des Anlegers zu überwachen bzw. zu erreichen.
Ergeben sich jedoch aus der aktuellen Anlagestrategie Verluste, so ist der Vermögensverwalter zur Überprüfung verpflichtet, inwieweit die aktuelle Depotzusammensetzung noch den Anlagerichtlinien entspricht. Ist dies nicht der Fall, muss der Vermögensverwalter tätig werden und das Depot entsprechend anlagekonform umschichten.
Unter welchen Voraussetzungen letztlich der Vermögensverwalter von den vereinbarten Anlage-richtlinien überhaupt abweichen darf und wenn ja, in welchem Umfang, ergibt sich in der Regel aus dem Vermögensverwaltungsvertrag.

2. Diversifikation

Zu einer vernünftigen Geldanlage gehört stets auch die Vermeidung sogenannter Klumpenrisiken. Der Vermögensverwalter verstößt gegen seine Pflicht zur produktiven Anlage des Vermögens, sofern er nahezu ausschließlich Wertpapiere nur eines Anbieters in die Vermögensverwaltung aufnimmt. Aus diesem Grunde hat er das Grundvermögen ausreichend zu diversifizieren, sprich aufzuteilen. Die Art der Aufteilung ist dabei wiederum stark abhängig von den Anlagezielen und den daraus vereinbarten Anlagerichtlinien.
Dem Verwalter ist es daneben untersagt, mit dem Vermögen des Kunden Spekulationen zu betreiben. Die Frage, was Spekulation bedeutet, ist im Einzelfall auszulegen und berücksichtigt dabei die Risikobereitschaft des Anlegers als auch seine wirtschaftliche Situation.

3. unzureichende Verlustbegrenzung

Die unzureichende Verlustbegrenzung, auch Stop-Loss-Marken genannt, beschreibt die Verpflichtung des Vermögensverwalters, auf eine negative Entwicklung des Portfolios des Anlegers zu reagieren und weitere Verluste zu verhindern.
Die Rechtsprechung verneint allerdings eine allgemeine Pflicht zur Setzung von Stop-Loss-Marken. Beispielsweise kann die Entwicklung einer Aktie, selbst bei kurzfristigen Verlusten, nicht konkret vorhergesehen werden. Die Pflicht des Vermögensverwalters beschränkt sich daher vielmehr darauf, im Falle des Verlustes eines erheblichen Teils des eingesetzten Kapitals den Anleger davon zu unterrichten. Die Frage, ab wann ein Verlust erheblich ist, beantwortet sich wiederum nach dem Einzelfall und Berücksichtigung der Zusammensetzung und der Entwicklung des Gesamtportfolios, flankiert von den Anlagerichtlinien.
Eine Unterrichtungspflicht besteht in jedem Fall dann, wenn der Vermögensverwalter aufgrund der Marktentwicklung die Anlagerichtlinien nicht einhalten kann und daher eine ordnungsgemäße und produktive Vermögensverwaltung gefährdet ist.

4. Problem: Umschichtung (Churning)

Das Churning bezeichnet die Umschichtung des Depots. Dabei werden im Portfolio befindliche Vermögenswerte und Wertpapiere veräußert, zum Ersatz werden, provisionspflichtig, neue Vermögenswerte und Wertpapiere erworben. Erfolgt diese Umwelt sichtbar nicht zu dem Zweck, eine produktive Vermögensverwaltung vorzunehmen, sondern ausschließlich im Interesse des Anlageberaters, der durch Anfall von Transaktionsgebühren (Spesen) profitiert, so liegt ebenfalls ein Pflichtverstoß vor. Pflichtwidrig ist eine derartige Depotumwälzung jedoch nur dann, wenn sie so übermäßig erfolgt, dass die Anlagerichtlinien und die Anlageziele offenbar und nur deswegen verfehlt werden. Sorgen beispielsweise die hohe Transaktionskosten dafür, dass aufgrund der Gebühren ein Verlust des eingesetzten Kapitals im erheblichen Maße zu verzeichnen ist, wird sich daraus eine Pflichtverletzung deutlich ableiten lassen.

5. Beweisfragen

Will der Anleger dem Vermögensverwalter Pflichtverletzungen vorwerfen, so trifft ihn dabei die Nachweispflicht. Prozessual gesehen hat er nach den allgemeinen Grundsätzen die sogenannte Darlegungs- und Beweislast. Er hat somit alle Voraussetzungen für die anspruchsbegründenden  Tatsachen vorzutragen und zu beweisen. Dieser Beweis fällt oftmals schwer, da sich Vorgänge nicht in seinem Wahrnehmungsbereich abspielen. Aus diesem Grunde treffen den Vermögensverwalter unter besonderen Umständen dann eigene Pflichten, den Nachweis ordnungsgemäßer Tätigkeit zu erbringen. In diesem Zusammenhang kann unter besonderen Umständen der Vermögensverwalter auch gezwungen werden, Dokumente aus seinem Tätigkeitsbereich vorzulegen.

6. Resümee

Der Nachweis von Pflichtverletzungen basiert am Stärksten auf den zu Anfang der Geschäftsverbindung ermittelten Anlagezielen und der Risikobereitschaft des Anlegers. Diese finden ihren Niederschlag in der gemeinsam abgestimmten Anlagestrategie. Diese ist im Wesentlichen die Grundlage bei der Bestimmung von Pflichtverletzungen. Während der Laufzeit der Vermögensverwaltung kann es zu geduldeten Abweichungen von der Anlagestrategie kommen, sodass sich die Anlagestrategie insgesamt dann, auch ohne schriftliche Vereinbarung, abändert.
Es ist daher insbesondere bei Beginn der Vermögensverwaltung das Augenmerk darauf zu richten, so konkret wie möglich die Anlageziele festzulegen. Dies erleichtert dem Vermögensverwalter die Arbeit, konkretisiert es doch seine Pflichten und seine Auswahlmöglichkeiten.

Den Anleger treffen allerdings auch Pflichten, im Falle der öffentlichen Verbreitung von Informationen in Bezug auf Finanzprodukte und mögliche Auswirkungen auf seine Vermögensverwaltung, die Tätigkeit des Vermögensverwalters zu prüfen. Tut er dies nicht, kann ihm daraus ein Mitverschulden entstehen. Dies kann bis zum vollständigen Ausschluss eines Schadensersatzanspruches, der an sich gegeben wäre, führen.

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Spiegelberg
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rostock

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