Wirtschaftliche Talfahrt von German Pellets mündet in der vorläufigen Insolvenz – haben Anleger Schadenersatzansprüche ?

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Über 220 Millionen Euro wurden von zahlreichen Anlegern in den Brennstoffhersteller aus Mecklenburg-Vorpommern investiert. In 10 Jahren stieg das Unternehmen zu einem der erfolgreichsten in der Region auf. Nach mäßigen bis enttäuschenden Zahlen in den letzten Jahren wurde von dem Unternehmer nun Insolvenz bei Gericht beantragt. Die vom Amtsgericht Schwerin bestellte Insolvenzverwalterin konnte derzeit aber nur knapp über 5.000 Euro Liquidität sichern – wohin ist das Geld verschwunden? Was bedeutet das für Anleger?

1.
Erst 2005 wurde das Familienunternehmen in Wismar gegründet. Mit siegessicherem Blick auf einen damals noch recht kleinen Pellet-Markt in Deutschland entstand der erste Standort, der die kleinen Holzpellets herstellte. Bereits 6 Jahre später sah der Inhaber P. Leibold ein hoch gewachsenes Großunternehmen unter sich. Mit einem Marktanteil in Deutschland von bis zu 45 % und mehreren Standorten in Baden-Württemberg und Sachsen hatte German Pellets bereits erfolgreich expandiert. Ab 2012 begann Leibold dann mit der internationalen Expansion, indem er über die Jahre die Übernahme österreichischer Pellethändler in die Wege leitete und 2 riesige Werke in Texas und Louisiana, also den USA, errichten ließ.

2.
German Pellets – Eine Erfolgsgeschichte ?
Dieses Bild vermittelten auch die professionellen Werbungsvideos, die German Pellets produzieren ließ. Um die Investitionen in seine Firma zu bewerben, ließ es sich Geschäftsführer Leibold nicht nehmen, persönlich in Erscheinung zu treten und immer wieder zu betonen, wie nachhaltig, lukrativ und zukunftsträchtig seine Firma arbeitet. Als perfektes Bindeglied zwischen Ökonomie und Ökologie, wie er sagte, versprach er Investoren bis zu 8 % Rendite pro Jahr.
Dieses Bild hielt sich bis vor einigen Wochen auch im Positiven.
Bereits Anfang des Monats Februar 2016 berichteten wir über aktuellere Entwicklungen im Fall German Pellets. Diese Informationen ließen Anleger durchaus aufhorchen. Bis dahin galt, dass der weltweit führende Holzpellet-Produzent, der etwa die Hälfte aller in Deutschland verbrauchten Pellets produziert und über 15 Standorte in Deutschland, Österreich und den USA verfügt, lediglich einem Kursverfall gegenübersteht.
Heute sieht die Sachlage ganz anders aus. Böse Zungen spekulierten schon länger, dass German Pellets vor einer existenzbedrohenden Gefahr steht. Erst vor Kurzem bat die Firma ihre Anleger und Gläubiger, einer Laufzeitverlängerung einer in Kürze fälligen Anleihe zuzustimmen. Dabei sollte die Laufzeit um 3 Jahre, bis zum März 2018, verlängert werden und sich der Renditenzins auf 5,25 % erhöhen. Inhaber der Anleihe sollten dafür Zug um Zug 50 % der Gesellschaftsanteile erhalten, um sich abgesichert zu fühlen. Dazu kommt es nun vorerst nicht.

3.
Der inzwischen eingereichte Insolvenzantrag vor dem Amtsgericht Schwerin scheint das nun überflüssig zu machen.
Laut Angaben des Unternehmens wurde im Juli 2013 eine Anleihe in Höhe von 72 Millionen € an der Börse Stuttgart emittiert, die jährlich mit 7,25 % Nachverzinsung lockte. Mit dieser erhöhte sich die gesamte Kapitalsumme der Firma aus verbindlichen Anleihen und Genussrechten auf über 220 Millionen Euro.

Entgegen der durchweg positiven Bilanzen, die sich von den wirtschaftlichen Krisen der letzten Jahre unbeeindruckt zeigten, scheint eine Pleite nun unausweichlich. Denn dem vorläufigen Insolvenzverfahren wurde stattgegeben. Bei einem Feststellungstermin über die finanzielle Situation im Unternehmenssitz nahe Rostock konnte die Insolvenzverwalterin gerade einmal 5.000 € in den Firmenkassen sicherstellen, so heißt es. Momentan ist sie außerdem mit der Geschäftsleitung und den verantwortlichen Managern im Gespräch, um die Situation zu überblicken.
Dennoch haben andere Stellen bereits reagiert. Die Creditreform Rating AG beispielsweise setzte bereits das Unternehmensrating der Firma herab. Die German Pellets GmbH stieg dabei vom Rang C (entspricht etwa der Schulnote 3) auf D (also Schulnote 4) herab und bekräftigt damit die Gerüchte um die Zahlungsunfähigkeit.

Für die vielen Anleger steht damit einiges auf dem Spiel. Angeblich sollen schon seit Dezember 2015 einige Werke stillstehen, weil offene Rechnungen für Holzlieferungen nicht bezahlt wurden. Auch wurden scheinbar große Teile der in Deutschland eingeworbenen Gelder in US-Bonds gesteckt, die die Expansion in die USA absichern sollten.
2015 setzte German Pellets innerhalb von drei Quartalen 440 Millionen Euro um, während der tatsächliche Gewinn bei 38 Millionen lag. In Bezug auf die Anleihen, die hauptsächlich aus dem Mittelstand stammen, war die Firma damit grundsätzlich in den schwarzen Zahlen. Wie es nun zu den gewaltigen Verlusten und Einbrüchen kommen konnte, ist daher nur schwer nachzuvollziehen. Leibold selbst hat sich bislang nicht dazu geäußert, was nun sogar die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen hat.
Erste Hinweise verdichten sich zu einem dunklen Verdacht. Die Schulden des Holzverarbeiters sind gemessen an der Größe der Firma viel zu hoch – um diese zu decken, wurden gleich mehrere Geldanlagen im Wesentlichen in Form von Anleihen auf das Unternehmen herausgegeben. Wie es scheint, wurden die späteren Anleihen jeweils nur emittiert, um damit die eingefahrenen Schulden aus den vorhergehenden Anleihen zu decken – eine Schuldenexplosion war so unausweichlich.
Das alles erinnert schwer an den Fall des Windenergiekonzerns Prokon, der 2014 viele Anleger um erhebliche Teile ihres angelegten Geldes brachte.

5.
Die Finanzierungen der German Pellets GmbH waren auf Schuldverschreibungen und Genussrechte fokussiert, während die Realwirtschaft relativ kleine Erträge aus dem operativen Geschäft hervorbrachten. Es standen sich also bereits langfristig erhebliche Kapitalsummen aus emittierten Anlagen mit vergleichsweise geringen Gewinnen gegenüber, sodass die vereinbarten Zinszahlungen und die Rückzahlungen  an Anleger klar und deutlich nicht mehr möglich ist.
Die erwartete Insolvenzquote liegt inzwischen bei 3 – 9 %, d.h. mehr als 90 % des Kapitals wären weggeschrumpft.
Für Anleger gibt es allerdings noch Lichtblicke.

Erstprüfungen ergaben, dass die Prospekte der Anlagen keinerlei kritische Prognosen bezüglich des Risikos aufstellten. Zu keinem Zeitpunkt wurden klare Zahlen und Finanzinformationen vorgelegt, sondern lediglich abstrakte Beispielmodelle dargestellt, die den Leser nicht über wahre Risiken und den Gegenwert der getätigten Investitionen aufgeklärt haben. Dieser Missbrauch der Interessenswahrungs-, Informations-, Sorgfalts- und Erkundigungspflicht spielt eine massive Rolle in der Schadensersatzhaftung.
Nach dem Bundesgerichtshof ist es gängige Rechtsprechung, dass Berater und Verkäufer der Anlagen, die grundsätzlich keiner Verpflichtung zur Belehrung unterliegen, diese dennoch durchführen müssen, dass Risiken und die Konsequenzen eines emittierten Wertpapiers falsch eingeschätzt wurden. (BGH XI ZR 21/03)

6.
Es empfiehlt sich, einen Anwalt zu konsultieren und die eventuellen Ansprüche fachgerecht prüfen zu lassen. Dies sollte auch kurzfristig geschehen, denn bereits im Mai 2016 soll die Insolvenz vollständig eröffnet werden.

Falls auch Sie von der bevorstehenden Insolvenz der Firma German Pellets GmbH betroffen sind und um Verluste fürchten, so nehmen Sie Kontakt zu uns auf bzw. senden Sie uns Ihre möglichst ausführlichen und vollständigen Unterlagen zu..

Die Zusendung der Unterlagen sowie eine erste Einschätzung der Angelegenheit löst für Sie noch keine Kosten aus.

 

Tel. 0381 440 777 0
Email: info@ra-spiegelberg.de

Holger Spiegelberg
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank und Kapitalmarktrecht

Rostock

 

 

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