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OLG Brandenburg zur Kündigung der Geschäftsbeziehung durch die Bank wegen verschlechterter Vermögensverhältnisse

Das Brandenburgisches Oberlandesgericht hatte mit Urteil vom 17.09.2014, Aktenzeichen: 4 U 107/12 [1] über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung des Kontokorrentkredites und der gesamten Geschäftsbeziehung durch die Bank zu entscheiden.

Die Bank hatte im November 2007 die fristlose Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung erklärt. Danach hatte die Bank dargestellt, dass die Kontokorrentkredite mit den jeweiligen Kontoständen zurückzuzahlen sind und auch das entsprechende Darlehen. Eine gesonderte Kündigung dieser einzelnen Bestandteile der Geschäftsbeziehung hatte die Bank nicht vorgenommen.

Dabei hatte sie sich auf ihre Allgemeinen Geschäftsbeziehungen berufen. Die fristlose Kündigung begründete die Bank damit, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden wesentlich verschlechtert hätten. Darüber hinaus sei die Bank zur Kündigung berechtigt, wenn der Darlehensnehmer mit zur Zahlung fälliger Leistungen länger als 14 Tage in Verzug ist.

Das OLG Brandenburg sah diese fristlose Kündigung als unwirksam an. Zum einen bezog diese sich ausdrücklich auf die gesamte Geschäftsbeziehung und gerade nicht auf die einzelnen Konten und Darlehen. Die Kündigung konnte auch nicht dementsprechend umgedeutet werden, da das Kündigungsschreiben insoweit eindeutig war. Denn die Kündigung der Geschäftsbeziehung in ihrer Gesamtheit, bei der im Rahmen der zu berücksichtigenden berechtigten Belange des Kunden dessen bisheriges Kundenverhalten und die absehbaren schwerwiegenden Folgen und aus der Kündigung resultierenden Schwierigkeiten zu berücksichtigen sind, ist etwas anderes als die von vornherein beabsichtigte Kündigung einzelner Kreditverträge.

Für die fristlose Kündigung gab es zudem keinen Grund.

Eine fristlose Kündigung der gesamten Geschäftsverbindung als einem Dauerschuldverhältnis ist nach § 314 Abs. 1 BGB nur aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist möglich. Ein wichtiger Grund liegt nur vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Diesem zwingenden Recht entspricht der dem Wortlaut des § 19 Abs. 3 der Muster-AGB-Banken n.F., zuvor Nr. 19 (3) Muster-AGB-Banken a.F., entsprechende Punkt 19 (3) der AGB , nach der die Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung nur zulässig ist, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der der Bank deren Fortsetzung auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Kunden unzumutbar werden lässt.

Voraussetzung für die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund ist danach eine umfassende Interessenabwägung, in deren Ergebnis es der Bank unzumutbar hätte sein müssen, die Geschäftsbeziehung auch nur teilweise fortzusetzen.
Eine diesen Anforderungen genügende Interessenabwägung unter Einbeziehung der Interessen des Beklagten, aufgrund dessen hätte festgestellt werden können, dass die Fortführung der Geschäftsbeziehung der Bank nicht zumutbar gewesen wäre, hat diese nicht vorgenommen. Die Unzumutbarkeit der Fortführung der Geschäftsbeziehung kann auch im Übrigen nicht festgestellt werden.

 

Zudem  rechtfertigen ganz geringfügige Überziehung in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem es nicht nur um die Kündigung des einzelnen Vertrages, sondern die der gesamten Geschäftsbeziehung ging, eine fristlose Kündigung nicht. Das gilt sowohl für den – unterstellten – Fall, der Beklagte hätte bis dahin, von der Klägerin geduldet, den Kontokorrentkredit andauernd überzogen als auch erst recht für den Fall, dass der beklagte Bankkunde den Kontokorrentkredit bis dahin nicht überzogen hat.
Auch ein kurzfristiger Rückstand bei Zahlung der Darlehensraten rechtfertigt eine fristlose Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung nicht. In den der Kündigung vorausgehenden 3 Jahren wurden alle Darlehensraten pünktlich gezahlt. Auch Mahnungen zur Zahlung des Rückstandes enden an dieser Beurteilung nichts. Sie dienen für den Kunden zum Hinweis auf die Verpflichtung zur rechtzeitigen Zahlung, für die Bank zur Schaffung der Voraussetzungen weiterer rechtlicher Maßnahmen.
Die Voraussetzungen für eine Umdeutung der außerordentlichen Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung in Kündigungen einzelner Geschäftsverbindungen gemäß § 140 BGB liegen nicht vor, weil nicht angenommen werden kann, dass die Klägerin nur einzelne Geschäftsverbindungen mit dem Beklagten beenden wollte. Dies widerspräche auch berechtigten Schutzbelangen des Kunden. Es ermöglichte die Umgehung des vom Gesetzgeber wegen der gravierenden Auswirkungen vorgesehenen Schutzes des Kunden vor fristlosen Kündigungen der gesamten Geschäftsverbindung, wenn eine erklärte Kündigung der gesamten Geschäftsverbindung, deren wirksamer Ausspruch an die Erfüllung hoher Anforderungen geknüpft ist, in (Einzel)Kündigungen der einzelnen Verträge umgedeutet würde, an deren wirksamen Ausspruch geringere Anforderungen gestellt werden. Das gilt erst recht, wenn die Kündigungen der einzelnen Verträge in ihrer summierten Wirkung einer Kündigung der gesamten Geschäftsverbindung entsprechen würden. Das gilt umso mehr, als sich die Klägerin auch nach ihren eigenen AGB bei Kündigung der gesamten Geschäftsverbindung zur Wahrung der berechtigten Belange des Kunden verpflichtet hat.
In vielen Fällen erfolgen Kündigung seitens der Banken und Sparkassen-gerade bei fristlosen (außerordentlichen)Kündigungen  aufgrund angeblich verschlechterter Vermögensverhältnisse – zu Unrecht. Hier ist es erforderlich, kurzfristig zu reagieren und die Bank zum Umdenken zu bewegen.

 

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Spiegelberg
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank [2]– und Kapitalmarktrecht
Rostock