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Bundesgerichtshof urteilt zu Gaspreiserhöhungen: Rückerstattungen sind bedingt möglich

Trotz geringer Aussichten auf Erfolg hat der Bundesgerichtshof Kunden von Gasversorgen einen Lichtblick geschenkt. Erhöhen diese ihre Preise nur zur Steigerung Ihres Gewinnes, können Kunden Ihr zuviel gezahltes Geld zurückverlangen.

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 28.10.2015 (Az. VIII ZR 13/12) [1]Verbraucherrechte gestützt. Aus diesem geht hervor, dass Kunden der Gas-Grundversorgung das Recht haben, ihr Geld zurückzufordern, wenn Energieanbieter die Preise erhöht haben. Das gilt allerdings nur, wenn Sie vorab nicht über die Gründe darüber informiert wurden. Außerdem müssen sie erhöht worden sein, um den Gewinn des Konzerns zu steigern.Wurden die Preise nur erhöht, um gestiegene Kosten auszugleichen, ist die Anpassung gerechtfertigt.

Wer kann jetzt etwas zurückfordern?

Die Entscheidung gilt hierbei aber nur für Kunden aus der sogenannten „Grundversorgung“. Laut Recherchen der Bundesnetzagentur sind danach rund 35 % der Haushalte mit einem Grundtarif bei ihrem Energieversorger angemeldet, umgerechnet ca. 14 – 15 Millionen Haushalte in Deutschland. In der Gasversorgung sind es 26 % der Haushalte,  die von dem Urteil berührt werden.

Dabei folgte der Bundesgerichtshof einer zuvor ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes. Der entschied nämlich, dass Kunden vorab über anstehende Erhöhungen unter Nennung von konkreten Gründen informiert werden müssen. Ein nachträgliches Kündigungsrecht nach erhaltener Rechnung sei nicht ausreichend, so die Richter. Deutsche Preisvorschriften, die von 2005 bis 2008 in Kraft waren, verstoßen somit gegen das europäische Recht. In dieser Zeit galt es noch, dass die Energieversorger Gas- und Strompreise nach Belieben ändern konnten, ohne einen Grund dafür nennen zu müssen. Die meisten Betroffenen waren dabei Tarifkunden, also Kunden mit einem vergleichsweise geringen Verbrauch, die mangels Wechselmöglichkeit außerdem oft viele Jahre beim gleichen Anbieter gebunden waren.

Geltendes EU-Recht nicht transparent genug

Der Europäische Gerichtshof gab daraufhin die wegweisende Entscheidung heraus, dass die betroffenen Kunden Rückzahlungsansprüche auf die sittenwidrigen Preiserhöhungen haben. Diesen Entscheidungen lagen zwei Fälle aus Deutschland zu Grunde, namentlich gegen die Technischen Werke Schussental GmbH aus Baden-Württemberg und gegen die Stadtwerke Ahaus GmbH in Nordrhein-Westfalen. Nach eigener Aussage wusste der Bundesgerichtshof nicht, wie das Europarecht in dieser Frage zu deuten sei und verlangte Hilfe beim Europäischen Gerichtshof. Dieser erlaubte nun die Rückzahlungsanprüche und forderte gleichzeitig mehr Transparenz bei der Umsetzung des EU-Rechts.

Die Richter des Europäischen Gerichtshofes stellten dabei klar, dass Verbraucher nicht nur ein umfassenderes Kündigungsrecht haben sollten. Es sollte auch die Möglichkeit bestehen, gegen Preiserhöhungen klagen zu können. Und um diese Rechte durchsetzbar zu machen, müssen Versorger nun „rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Änderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang informieren“. (vgl., Az. C-359/11 und C-400/11)

Ein Jahr später entschied nun der Bundesgerichtshof in gleich zwei Grundsatzurteilen nach dem Willen des Europäischen Gerichtshofes. Demnach ist es grundsätzlich erlaubt, wenn Energieversorger die Preise  erhöhen. Allerdings nur dann, wenn diese Erhöhungen dazu genutzt werden, steigende Kosten für den Anbieter abzudecken. Eine Erhöhung aus wirtschaftlichen Gründen – also zur Profitsteigerung – ist fortan rechtswidrig und kann mit einem Widerspruch abgewendet werden.

Für Sie als Tarifkunden bedeutet das, dass Sie Ihr Geld rückwirkend zurückverlangen können. Das greift zurück bis 2012. Es sei denn, der Versorger kann nachweisen, dass nur die gestiegenen Kosten in Form von Preiserhöhungen an die Kunden weitergegeben wurden. Wer schon vor einigen Jahren den Erhöhungen widersprochen hat, darf sämtlichen Preiserhöhungen widersprechen, die seitdem durchgeführt wurden. Wer jetzt aber erst damit anfängt, darf nur die Erhöhungen der letzten 3 Jahre (also bis 2012) in Frage stellen.