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Immobilienfonds: Zur arglistigen Täuschung des Anlegers mit inhaltlich überholten Prospekten

Eine arglistige Täuschung des Anlegers im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Anteils an einem geschlossenen Immobilienfonds kann zwar zu bejahen sein, wenn ihm das Anlageobjekt anhand eines mehr als vier Jahre alten und inhaltlich bereits überholten Prospekts erläutert wird. Eine finanzierende Bank, die selbst keine Beratungsleistungen erbracht hat, muss sich solche Umstände aber nur beim Vorliegen besonderer Voraussetzungen entgegen halten lassen.

Zum Sachverhalt:
Die Beklagte erwarb im September 2000 eine Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds zum Preis von 30.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Hierzu unterzeichnete sie auf Empfehlung des selbstständigen Anlagevermittlers V. in ihrer Wohnung einen “Auftrag und Vollmachten sowie Angebot zum Abschluss eines Treuhandvertrages”. Finanziert wurde der Anteilserwerb durch ein ebenfalls von V. vermitteltes Darlehen der klagenden Bank.

Bei der Aufklärung über den Fond verwandte der V. einen Prospekt, der im Zeitraum 1995/1996 erstellt worden war. Dieser sah eine Fertigstellung der Fondsobjekte bis Frühjahr 1997 vor und enthielt unter anderem eine Prognoserechnung für die Jahre 1996 bis 2015. Erstmals im April 2003 erstellte die Fondsgesellschaft einen Geschäftsbericht, der die Jahre 1997 bis 2002 umfasste. Darin wurden stetige Unterdeckungen ausgewiesen. Unter Hinweis darauf, dass die prospektierten Mieteinnahmen und Ausschüttungen nicht erzielt werden konnten, berief sich die Beklagte gegenüber der Klägerin auf die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages und widerrief ihre Vertragserklärung im Juli 2008.

Nachdem die Parteien die Feststellungsklage übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, wies das LG die Widerklage der Beklagten, die auf Rückabwicklung des Darlehensvertrages sowie Schadensersatz gerichtet war, ab. Die Berufung der Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Zur Entscheidung:
Mit Urteil v.18.5.2010, Az. 17 U 60/09 [1], entschied das OLG Karlsruhe, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Haftung der finanzierenden Bank für eine fehlerhafte Anlageberatung bzw. für Mängel des Anlageprospekts nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 1 BGB nicht erfüllt waren.

Eine Haftung der Bank für etwaige Nachteile des finanzierten Geschäfts kommt nach ständiger BGH-Rechtsprechung nur ausnahmsweise in Betracht und kann sich nur aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergeben. So kann eine Aufklärungspflicht ausnahmsweise gegeben sein, wenn die Bank in Bezug auf spezielle Risiken erkennbar über einen konkreten Wissensvorsprung verfügt. Weitere Ausnahmefallgruppen sind die Begünstigung eines besonderen Gefährdungstatbestands, die Überschreitung der Kreditgeberrolle, sowie das Bestehen schwerwiegender Interessenkonflikte. Solche Umstände lagen im Streitfall allerdings nicht vor. Zu Recht hatte das LG verneint, dass die Beklagte arglistig getäuscht wurde.

Zwar kann eine arglistige Täuschung des Anlegers im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Anteils an einem geschlossenen Immobilienfonds zu bejahen sein, wenn ihm das Anlageobjekt anhand eines mehr als vier Jahre alten und inhaltlich bereits überholten Prospekts erläutert wird. Ein solches Verhalten liegt insbesondere nahe, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits feststeht, dass die ursprünglichen Prognosen von Anfang an verfehlt worden sind, und damit auch die im Prospekt zum Ausdruck gebrachten Erwartungen für die künftige Entwicklung einer tragfähigen Grundlage entbehren. Der Geschäftsbericht für die Jahre 1997 bis 2002 war allerdings erst im Jahr 2003 erstellt worden. Dass der Vertriebsgesellschaft bereits vor diesem Zeitpunkt aus anderen Informationsquellen zumindest Hinweise auf die Geschäftsergebnisse der Vorjahre bekannt geworden sind, war nicht zu erkennen.

Erweist sich die im Prospekt enthaltene Prognoserechnung nachträglich als unrichtig, ist dies dem Anleger zwar durch eine Berichtigung des Prospekts oder in anderer Weise mitzuteilen. Entsprechend müssen auch die einzelnen Vermittler instruiert werden. Die unterlassene Aufklärung über die bisherigen Geschäftsergebnisse reichte allerdings nicht für die Annahme eines zumindest bedingt vorsätzlichen Verhaltens der Vertriebsorganisation aus, da der Vermittler zuvor keine Veranlassung hatte, die Richtigkeit der Prospektangaben in Zweifel zu ziehen. Zwar war es denkbar, dass die Geschäftsführung der Fondsgesellschaft – möglicherweise vorsätzlich – eine Offenlegung der tatsächlichen Geschäftsergebnisse unterlassen oder unrichtige Geschäftszahlen mitgeteilt hatte. Ein solches Verhalten musste sich die Klägerin aber nicht entgegen halten lassen.