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Kündigung der Bank wegen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse aufgrund einer Kontopfändung – Urteil OLG BBg

Die Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung einschließlich der Konten, Kontokorrentkredite und sonstiger Kredite durch die Bank bedeutet für viele Firmen häufig das wirtschaftliche Aus. Umso bedeutsamer ist es in einer solchen kritischen Situation, seine Rechte zu kennen, um sich zeitnah und mit rechtlich sicherem Rüstzeug gegen diese Kündigung zu wehren.
Denn oftmals kündigen Banken voreilig und ohne dass die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.

Das Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 13.11.2013 Az. 4 U 93/11 [1] hat eine Kündigung einer Bank für unwirksam erklärt, welche ihren Ausgangspunkt in einer Kontopfändung hatte.
Maßgeblich in dieser Entscheidung waren folgende Eckpunkte:

– Jahrelange Geschäftsbeziehung zwischen Kunde und Bank
– Kontopfändung eines Gläubigers des Kunden bei der Bank
– Feststellung der Verschlechterung der Vermögenslage durch Vergleich der Vermögenslagen bei a) Vertragsschluss und  b) im Zeitpunkt der Kündigung
– Bewertung von Sicherheiten

a) Besteht Zahlungsunfähigkeit ?

Das Oberlandesgericht Brandenburg kommt der Feststellung, eine Pfändung stelle die Einleitung einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme dar. Nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen AGB sei dies zwar ein wichtiger Grund zur Kündigung.
Allerdings könne dies nur dann gelten, wenn das Unternehmen tatsächlich wirtschaftlich nicht in der Lage ist, die vollstreckte Forderung an den Gläubiger wenigstens unter Vorbehalt der Rückforderung, zu begleichen.
Insbesondere lasse diese Tatsache der Pfändung und ihres Fortbestehens allein keinen Schluss darauf zu, dass eine Gefährdung der Ansprüche der Bank vorliegt.

Von einer Zahlungsunfähigkeit könne die Bank insbesondere auch dann nicht ausgehen, wenn die Forderung unrechtmäßig ist und sich der Gläubiger ernsthaft und nachweislich bemüht, die Forderung aus der Welt zu schaffen.

Dabei ist es legitim, dass der Bankkunde seinen weiteren Zahlungsverkehr über ein anderes seiner Konten bei einer anderen Bank abwickelt.

b) Liegt eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Bankkunden vor ?

Ob eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Bankkunden eingetreten ist oder einzutreten droht, ist allein nach objektiven Maßstäben zu ermitteln. Es ist dafür festzustellen, ob sich insgesamt die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage im Verhältnis zu derjenigen zum Zeitpunkt des Abschlusses der zu kündigen Darlehensverträge verschlechtert hat.
Um dies festzustellen, muss die Bank zunächst alle Möglichkeiten der Information nutzen, insbesondere den Kunden auffordern, ihm diese Nachweise einzureichen. Unter Umständen ergeben sich diese Fakten allerdings auch aus anderen Indizien, unter anderem bei
– Reduzierung der Beschäftigtenzahl
– mehrfache oder langanhaltende Überschreitung der Kreditlinie

c) Besteht für die Bank eine akute Gefährdung ihrer Ansprüche ?

Selbst wenn eine solche Verschlechterung festzustellen wäre, ist allerdings als weitere Voraussetzung zu verlangen, dass für die Bank eine akute Gefährdung ihrer Ansprüche gegen den Kunden damit verbunden ist.
Dabei muss die Bank insbesondere berücksichtigen, welche Sicherheiten seitens des Kunden gestellt wurden. Verfügt die Bank danach über ausreichende Sicherheiten, so besteht eine Gefährdung ihrer Ansprüche in diesem Falle nicht.
Dabei stellt sich oft die Frage, welche Werte den gestellten Sicherheiten zuzumessen sind.
Bei Lebensversicherungen lässt sich dies anhand der jeweils aktuellen Rückkaufswerte relativ einfach ermitteln. Ebenso bei der Abtretung von Depots, Aktienpaketen etc.
Schwieriger wird es dann bei Immobilien, Kfz, Geschäftsanteilen oder Bürgschaften.

Dabei ist es eine Frage des Einzelfalles, ob beispielsweise Grundstücke zu 50% , 60 %oder 70 % des ermittelten Verkehrswertes in Ansatz gebracht werden. Bei Bürgschaften ist auf die Vermögenslage des Bürgen abzustellen.

Sofern man nach dieser Bewertung dazu kommt, dass die Forderungen der Bank im Wesentlichen abgesichert sind, kommt eine Kündigung wegen Gefährdung der Ansprüche der Bank in der Regel nicht mehr in Betracht.

Auch eine fortdauernde Überziehung eines Kontokorrentkredites kann noch kein Kündigungsgrund darstellen. Zwar kann grundsätzlich auch eine lang andauernde Kreditüberziehung – auch bei wiederholter Abmahnung – eine außerordentliche Kündigung auslösen. Allerdings sind dabei die Umstände des Einzelfalls zu beachten. Hat die Sparkasse die Überziehung geduldet und für den Ausgleich der Überziehung keine genaue Frist gesetzt, dürfte es für eine Kündigung nicht reichen. Gerade jahrelanges Tolerieren von Überziehungen kann ein Vertrauenstatbestand für den Kunden schaffen, sodass der Bankkunde mit einer sofortigen Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung nicht rechnen muss.

Fazit:
Banken und Sparkassen müssen auch bei außerordentlichen Kündigungen die Voraussetzungen dafür prüfen und insbesondere auf die schutzwürdigen Belange des Kunden Rücksicht nehmen. Die Urteilslage zu diesem Bereich ist – leider – recht dünn und oftmals nicht vergleichbar, da in sämtlichen dieser Fälle stets eine Beurteilung des Einzelfalls vorzunehmen ist.

 

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Holger Spiegelberg
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rostock