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Kündigung eines Darlehensvertrages wegen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers – Urteil des OLG Stuttgart vom 29. 3. 2017

Das ursprünglich entscheidende Landgericht Rottweil hatte mit Urteil festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung der Bank ebenso wie die daraufhin erfolgte Zwangsvollstreckung aus 2 notariellen Urkunden unzulässig sei. Die Voraussetzungen weder von § 498 BGB (Rückstand mit mehr als 2 Raten und 2,5 % des Nennbetrages des Darlehens) als auch die von § 490 BGB wegen Vermögensverschlechterung lagen nicht vor.

Das OLG Stuttgart hat dieses Urteil vom 29. März 2017, Aktenzeichen 9U 203 20/16 [1]aufgehoben.

Nach seiner Auffassung war in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers bzw. in der Werthaltigkeit der gestellten Sicherheiten tatsächlich eine wesentliche Verschlechterung eingetreten.

Die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse sei nicht allein rechnerisch zu ermitteln. Vielmehr sind diese Merkmale durch wirtschaftliche Gesichtspunkte unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu berücksichtigen. Beachtenswert sind insbesondere Realisierbarkeit der Aktiva, Flüssigkeit der Mittel, Fälligkeit der Schulden, Zahlungsstockung oder Krediterschütterung. Vermögensminderungen können insbesondere auch gegeben sein, ohne dass gleichzeitig eine Gefährdung der Erfüllung erfolgt ist. Den gegenwärtigen und zu erwartenden Verhältnissen des Schuldners kommt dabei Gewicht zu. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner sind dabei grundsätzlich beachtlich. Sie schränken die Beweglichkeit des Schuldners ein. Zudem liefert der Umstand, dass ein Schuldner es zu einer Zwangsvollstreckung kommen lässt, einen deutlichen Hinweis nicht nur für eine fehlende Zahlungsbereitschaft, sondern auch der Flüssigkeit der Mittel.

Da gegen beide Kreditnehmer vor Ausspruch der Kündigung Zwangsvollstreckungsmaßnahmen liefen und beide Kläger sogar die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatten, lag ein starkes Indiz für eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse vor. Kein Darlehensnehmer lässt sich ohne Not verklagen, ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen und die eidesstattliche Versicherung abgeben. Daran ändert auch nichts, dass der Kläger vorgab, jederzeit von seiner Mutter ein Darlehen erhalten zu können.

Es handelt sich daher um eine wesentliche und nicht nur ganz geringfügige marginale Veränderung der Vermögensverhältnisse. Der Umstand, dass die Vermögenslage der Darlehensnehmer sich nach der Kündigung wieder verbessert hätten, ist im Ergebnis ohne Relevanz.

Die Kündigung wegen der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse gemäß § 490 BGB ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, da es sich bei den Darlehensverträgen um Verbraucherkredite handele. § 498 BGB (Zahlungsverzug) ist nicht als abschließende Regelung zu verstehen, die allein die Voraussetzungen für eine Kündigung durch den Darlehensgeber regeln würden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die fristlose Kündigung auch auf andere Gründe als den Zahlungsverzug gestützt wird.

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Holger Spiegelberg
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank [2]– und Kapitalmarktrecht
Rostock