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Rechtliche Überprüfung von Nutzungsverträgen zur Errichtung von PV-Anlagen / Solaranlagen auf Freiflächen bzw. Ackerflächen

Aktuell im Jahr 2023 werden Grundstückseigentümer sehr häufig von Projektentwicklern kontaktiert. Diese planen z.T. großflächig die Errichtung von PV-Anlagen/Solaranlagen auf Freiflächen. Dazu zählen insbesondere Ackerflächen, welche häufig auch neben bereits vorbelasteten Gebieten wie Autobahnen liegen.

Nachfolgend soll mit diesem Beitrag für betroffene Grundstückseigentümer ein kleiner Leitfaden beim Umgang mit derartigen Verträgen an die Hand gegeben werden. Die Auflistung in diesem Artikel betrifft ausschließlich einige wesentliche Positionen und ist damit keinesfalls abschließend. In der Regel sind nach unserer Erfahrung in den Nutzungsverträgen der unterschiedlichen Anbieter zwischen 30 und 50 Vertragspositionen nachzubessern.

1.

Wichtig ist zunächst die genaue Bezeichnung des Vertragsgegenstandes, also der zu verpachtenden Flurstücken und insbesondere auch, welche Nutzungen in welchem Umfang der Projektentwicklungsgesellschaft eingeräumt werden. Denn die in der Regel beigefügten Lagepläne geben nur den aktuellen Stand der Planung wieder und garantieren somit gerade nicht, in welchem Umfang die Grundstücke tatsächlich genutzt werden. Denn so ist denkbar, dass Sie einen Nutzungsvertrag unterschreiben, über große Teile dann aber nur Kabel verlaufen. Diese Flurstücken sind natürlich dennoch mit grundbuchrechtlichen Sicherungen belastet, ohne dass Sie den erwarteten Ertrag erzielen. Aus diesem Grunde ist empfehlenswert, die tatsächlich gestattete Nutzung möglichst umfassend und verpflichtend bereits im Vertrag festzulegen.

Für den späteren Rückbau ist wichtig, dass der Ursprungszustand rechtzeitig dokumentiert und Teil des Vertrages wird.

2.

Die Vertragslaufzeit beträgt in den Verträgen regelmäßig zwischen 25 und 30 Jahren ab Unterzeichnung mit 1 bis 3 -facher Verlängerungsoption von jeweils 5 Jahren.

Diese Vertragslaufzeiten sind üblich und beinhalten den Umstand, dass bis zur tatsächlichen Inbetriebnahme der Anlagen oftmals viele Jahre vergehen können, ohne dass den Projektierer daran eine Verantwortung trifft. Denn Genehmigungsverfahren können nicht zuletzt aufgrund von Einwendungen der Bürger vor Ort oder von Umweltgruppierungen eine erhebliche Zeit in Anspruch nehmen.

Geregelt werden sollte auch die Frage, ob es dem Projektierer während der Vertragslaufzeit gestattet ist, die zunächst installierten Module durch leistungsfähigere/effektivere neue Module zu ersetzen. Denn mit der Leistungsfähigkeit der Module steigert sich regelmäßig auch der Ertrag der Anlage.

3.

Die Nutzungsentgelte sollten sich nach der Inanspruchnahme,der tatsächlichen Belastung des Grundstücks und nach den erzielten Erträgen der Anlage richten. Das Nutzungsentgelt sollte prozentual vom Ertrag der Anlage errechnet werden. Wir  raten Grundstückseigentümern von Euro- Festbeträgen je Hektar ab. In Anbetracht der jetzt bereits vorhandenen und der zu erwartenden Inflation ! sind diese Nominalbeträge als für den Eigentümer ungünstig einzuschätzen.

Zudem sollten für Zuwegungen, Kabelverlegung und Transformatoren Stationen gesondert Entschädigungen festgelegt werden.

Die Zahlungsfristen sind Vereinbarungssache. In einigen Verträgen wird ein Mindestbetrag zur Jahresmitte gezahlt und die Abrechnung der tatsächlichen Erlöse gemäß der prozentualen Regelung erfolgt dann Anfang des darauffolgenden Jahres.

Zudem sollte der Projektierer dem Grundstückseigentümer für die Zeit zwischen Vertragsschluss und Inbetriebnahme eine jährliche Bereitstellungspauschale bezahlen.

 

4.

Zu überprüfen sind auch die Regelungen, mit welchen dem Projektierer der Bau, der Betrieb/die Wartung und der Rückbau gestattet wird. Hier ist zu berücksichtigen, dass Ackerflächen in der Regel verpachtet sind und daher Inanspruchnahmen rechtzeitig angekündigt werden müssen bzw. mit der Errichtung verbundene Ernteeinbußen auszugleichen sind.

Sollten Grundstücke bewaldet sein, ist eine umfassende Regelung zu treffen, wie bspw. der Holzeinschlag, die Holzverwertung und die Bepflanzungen nach Rückbau erfolgen sollen und bspw. auch die Hiebunreifen ausgeglichen werden. Es muss Festlegungen geben, wer für die Unterhaltung von neu angelegten Zuwegungen, Umzäunungen und das Freihalten von Bewuchs verantwortlich ist. Regelungen, welche die Inanspruchnahme des Grundstücks auch als Ausgleichsfläche ermöglichen, lehnen wir regelmäßig ab.

 

5.

Bei den für das Projekt und deren Finanzierung notwendigen Grundbucheintragungen ist besondere Vorsicht geboten. Denn die in den Verträgen enthaltenen Regelungen gehen oft sehr weit und ermöglichen dem Projektierer umfassende Möglichkeiten. Zum Teil werden Vollmachten verlangt, welche dem Projektierer freie Hand geben, selbst Eintragungen im Grundbuch vorzunehmen. Dies ist nach unserer Auffassung schon an der Grenze zur Sittenwidrigkeit. Bleiben Sie Herr über Ihr Grundeigentum und ihr Grundbuch und behalten Sie Ihr Mitspracherecht bei geforderten Eintragungen. 

Auch der Umfang und die Laufzeit der Eintragungen sind unbedingt und rechtssicher zu regeln und insbesondere auch, unter welchen Voraussetzungen die Eintragungen im Grundbuch vom Projektierer wieder zu löschen sind.

 

6.

Weitere wichtige Positionen sind noch Haftung und Versicherung. Bei den Versicherungen ist sicherzustellen, dass die Versicherungssummen eine ausreichende Höhe haben, auch für die Zeit der Errichtung und den Rückbau der Anlage und nicht nur für die Betriebszeit gelten und einen marktüblichen Versicherungsumfang auch in Bezug auf Umweltschäden über die ganze Laufzeit des Nutzungsvertrages haben. Mittlerweile sehen die meisten Verträge vor, dass der Eigentümer einmal im Jahr das Recht hat, vom Projektierer über den Bestand und den Umfang der Versicherung Auskunft zu verlangen.

Seine eigene Haftung hat der Grundstückseigentümer bestenfalls vollständig auszuschließen. Für den Fall, dass ihm Ansprüche gegenüber Dritten zustehen, sind diese an den Projektierer abzutreten. Die Haftung des Nutzers sollte so umfassend wie möglich geregelt werden und auch die Haftung/Verantwortlichkeit für Dritte regeln, welche vom Nutzer beauftragt sind und Schäden verursachen.

 

7.

Aufgrund der Finanzierung der Projekte durch Banken enthalten die Verträge regelmäßig einen Passus, wonach der Grundstückseigentümer auf sein Vermieterpfandrecht an den PV-Anlagen und Nebenanlagen verzichtet.  Dies ist üblich, jedoch ist es auch ausreichend, wenn dieser Verzicht nur für die Dauer der Finanzierung der PV-Anlage erklärt wird. Bei gut laufenden PV-Anlagen sind oftmals schon nach 3-4 Jahren die Darlehen vollständig getilgt.

 

8.

Zwingend erforderlich ist die detaillierte Regelung bezüglich des Rückbaus der Anlage, die Wiederherstellung des Ausgangszustandes des Grundstücks und der diesbezüglichen Absicherung. Wir empfehlen, dass die Rückbaubürgschaft bereits vor Baubeginn vorliegt. Es sind Fälle aufgetreten, wonach Anlagen zwar errichtet wurden, aber nie in Betrieb genommen und von der Genehmigungsbehörde der Abriss verfügt wurde. Die Projektgesellschaft war bereits vermögenslos, sodass als Verantwortlicher nur der Grundstückseigentümer blieb. Ist dieser Rückbau nicht durch eine ausreichende Bürgschaft (über die gesamte Vertragslaufzeit) abgesichert, bleibt der Eigentümer als Verantwortlicher mit unter Umständen enormen finanziellen Konsequenzen in der Pflicht.

Die Bürgschaft sollte ausschließlich von einer deutschen Bank gestellt werden. Die Zahlungsfähigkeit gegebenenfalls gestellter, anderer Bürgen ist insbesondere über die Laufzeit des Vertrages ungewiss. Zwar kann auch für Banken das Risiko einer Insolvenz und somit der Ausfall des Bürgen nicht zu 100 % ausgeschlossen werden. Stand heute ist jedoch eine größere Sicherheit im Rahmen der Verbürgung der Rückbaukosten als durch eine deutsche Bankbürgschaft nicht erkennbar.

 

9.

Die Verträge der Projektgesellschaften sehen regelmäßig das Recht vor, den Vertrag ganz oder teilweise auf Dritte Gesellschaften übertragen zu dürfen. Hier empfehlen wir, dies von Ihrer Zustimmung abhängig zu machen und sich zu diesem Zweck wirtschaftliche Kennzahlen des Dritten und somit Ihres neuen Vertragspartners vorlegen zu lassen. Denn dieser soll die gleiche oder eine bessere Sicherheit für die Einhaltung der vertraglichen Regelungen und der Zahlungsverpflichtungen bieten.

10.

Bei den Kündigungs- und Rücktrittsregelungen ist empfehlenswert, diese so detalliert wie möglich zu fassen. Ein Rücktritt sollte der Eigentümer sich in der Regel vorbehalten, wenn nicht innerhalb einer bestimmten Frist (zum Beispiel 5 Jahre) nach Vertragsunterzeichnung die Genehmigung vorliegt bzw. mit dem Bau begonnen wurde. Denn ansonsten ist es denkbar, dass für den Grundstückseigentümer eine überlange Bindung besteht, auch wenn der Projektierer keine Fortschritte in der Umsetzung des Projektes erzielt.
Für den Fall der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Projektieres sollte ebenfalls ein Kündigungs- oder Rücktrittsrecht vereinbart sein.

 

Fazit:

Aus unserer Sicht ist die detaillierte Prüfung der Verträge zwingend notwendig. Denn diese Verträge laufen sehr lange Zeit und bergen neben den Chancen auch nicht unerhebliche Risiken für den Grundstückseigentümer. Diese Risiken müssen abgesichert bzw. auf ein Minimum für den Grundstückseigentümer reduziert werden. Denn Sie wollen einen Vertrag unterschreiben, welcher Sie ruhig schlafen lässt und welchen Sie auch mit gutem Gewissen an mögliche Nachfolger z.B. in der Familie übergeben können.

Aus Sicht des Verfassers ist die rechtliche Beratung bei diesen vielschichtigen Verträgen eigentlich unumgänglich. Da gute Projektierer die Kosten der rechtlichen Beratung für Sie als Grundstückseigentümer übernehmen – denn immerhin legt man Ihnen einen bis zu 30-seitigen Vertrag vor, ohne dass klar ist, ob das Projekt auch realisiert wird –  bedeutet dies im Ergebnis sogar, dass Sie ohne den Einsatz eigener finanzieller Mittel eine fachmännische rechtliche Prüfung Ihres Vertrages erhalten.  

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Holger Spiegelberg, Rechtsanwalt
Energierecht
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht,