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Risikoaufklärung der Bank über das zu finanzierende Geschäft nur bei besonderen Umständen

In Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber der finanzierten Kapitalanlage setzt die Vermutung für einen konkreten Wissensvorsprung der Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung der Anleger lediglich eine objektiv offensichtliche  Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts voraus. Die Frage, ob die Bank im konkreten Fall die Unrichtigkeit erkennen konnte, stellt sich erst im Rahmen der Widerlegung der Vermutung.

Sachverhalt:

Die Beklagten hatten sich im Jahre 1993 mit zwei Anteilen zu je 50.000 DM an einem geschlossenen Immobilienfonds beteiligt. Die Baukosten für das Bürogebäude waren insgesamt mit 19 Mio. DM beziffert. Zur Finanzierung nahmen die Beklagten bei der klagenden Sparkasse ein Darlehen über 111.111 DM auf. Die Klägerin, die eine Finanzierung sämtlicher Fondsanteile zugesagt hatte, zahlte daraufhin an die Vermittlungsgesellschaft, die zur Unternehmensgruppe der Fondsinitiatoren gehörte, eine Provision von zwei Prozent der Darlehenssumme.

Der in dem Fondsprospekt abgedruckte Gesellschaftsvertrag sah zur Minimierung der Baukosten die Beauftragung eines überregional tätigen Bauunternehmens vor. Tatsächlich schloss der Fonds allerdings mit einer zu diesem Zeitpunkt noch in Gründung befindlichen GmbH, die zur Unternehmensgruppe der Fondsinitiatoren gehörte, einen Baubetreuungsvertrag ab.

In der Folgezeit bedienten die Beklagten die Darlehen zunächst vertragsgemäß, und zwar auch noch, nachdem sie im September 2006 den Widerruf “nach dem HaustürWG” ihrer auf den Vertragsabschluss gerichteten Willenserklärungen erklärt hatten. Im Mai 2007 kündigte die Klägerin das Darlehen mit sofortiger Wirkung und klagte auf Zahlung von rund 54.906 €. Die Beklagten beriefen sich auf im Prospekt fehlerhafte bzw. verschwiegene Angaben zu den tatsächlichen Baukosten und dem Baubetreuungsvertrag und verlangten widerklagend die Rückzahlung von rund 52.524 €.

Das OLG als Berufungsgericht hatte der Klage stattgegeben.

Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof [1] hob diese Entscheidung auf.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Aufklärungs- und Hinweispflichten bezüglich des finanzierten Geschäfts können sich daher nur aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Bauträger als auch an einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann

In Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber der finanzierten Kapitalanlage setzt die Vermutung für einen konkreten Wissensvorsprung der Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung der Anleger lediglich eine objektiv evidente Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts voraus. Die Frage, ob die Bank im konkreten Fall die Unrichtigkeit erkennen konnte, stellt sich erst im Rahmen der Widerlegung der Vermutung.

Infolgedessen hatte das Berufungs-OLG verkannt, dass die Täuschung der Beklagten nicht in der isolierten Angabe der prospektierten Baukosten zu sehen war. Sie war vielmehr darin zu sehen, dass im Prospekt der Eindruck erweckt worden war, zur Minimierung der Baukosten würde mit einem überregional tätigen Bauunternehmen ein Generalunternehmervertrag abgeschlossen werden, während tatsächlich bereits ein Baubetreuungsvertrag mit einer zur Unternehmensgruppe der Fondsinitiatoren gehörenden Gesellschaft mit einer Festpreisgarantie über 19 Mio. DM abgeschlossen war bzw. dessen Abschluss unmittelbar bevorstand.

Der Rechtsstreit wurde an das Vorgericht OLG zurückgeweisen, um weiteren Sachverhalt aufzuklären.

 

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Spiegelberg

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

Rostock