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Frühzeitige Information über Totalverlustrisiko einer Unternehmensbeteiligung durch Prospekt kann ausreichen

Zur Aufklärung über das Totalverlustrisiko einer Unternehmensbeteiligung (hier an einem Medienfond) kann es genügen, dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsabschluss einen Prospekt zu überlassen, wenn darin die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich enthalten sind. Sollte in diesen Fällen die vom Anlagerberater erhaltene Provision die angegebenen Kapitalbeschaffungskosten nicht übersteigen, besteht ohne hinzutretende weitere Umstände keine Pflicht zur Aufklärung über die Höhe der Provisionszahlung.

Zum Sachverhalt:
Der Kläger hatte sich Ende 2001 mit 55.000 € nebst Agio in Höhe von 5 % an einem Filmfonds beteiligt. Herausgeberin und Initiatorin des Fonds war die C-mbH. Der Fonds sollte ein Kommanditkapital von 50 Mio. € einsammeln. Dem Beitritt war eine persönliche Beratung des Klägers durch den Beklagten vorausgegangen. Im Rahmen der Beratungsgespräche übergab der Beklagte dem Kläger einen Beteiligungsprospekt. Der Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass er für die Vermittlung des Fonds eine Provision erhalte. Über die Höhe machte er jedoch keine Aussage.

In der Folgezeit entwickelte sich die wirtschaftliche Situation der Fondsgesellschaft schlecht. Der Kläger erfuhr im Juni 2006, dass er bei planmäßiger Beendigung des Fonds Ende 2007 nur rund 20 % des nominalen Kommanditkapitals zurückerhalten würde. Daraufhin machte der Kläger gegenüber dem Beklagten eine Schadensersatzzahlung i.H.d. Differenz zwischen dem für die Kapitalanlage aufgebrachten Betrag und den hiermit erzielten Vorteilen in Form der Steuerersparnis und der Ausschüttungen, mithin rund 33.137€, Zug um Zug gegen Rückübertragung der Kommanditbeteiligung sowie die Erstattung außergerichtlich entstandener Kosten nebst Zinsen geltend.

Zur Entscheidung:
Das OLG Stuttgart hat mit Urteil v. 12.5.2010, Az. 3 U 200/09 [1], entschieden, dass keine die geltend gemachte Schadensersatzforderungen begründende Pflichtverletzung des Beklagten vorlag.

Soweit der Kläger geltend machte, der Beklagte habe ihn nicht über ein mögliches Totalverlustrisiko aufgeklärt, stand dem der insoweit eindeutige Inhalt des überreichten Prospekts entgegen. Laut BGH-Rechtsprechung genügt es, wenn dem Anlageinteressenten statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs ein Prospekt über die Kapitalanlagen überreicht wird. Hätte sich der Kläger über die Risiken der von ihm angestrebten Beteiligung anhand des Prospektes, der ihm ausreichend lange vor Zeichnung der Beteiligung vorlag, informiert, wäre er schnell auf die zitierten Passagen gestoßen und hätte das Totalverlustrisiko zur Kenntnis genommen. Somit hatte der Beklagte bereits durch Überlassung des Verkaufsprospekts seiner Hinweispflicht auf einen möglichen Totalverlust ausreichend Rechnung getragen.

Dem Kläger stand auch kein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wegen unterlassener Information über die dem Beklagten zugesagte und später auch tatsächlich erhaltene Provision für die Vermittlung der Gesellschaftsbeteiligung des Klägers zu. Bei der Frage der Aufklärungspflicht eines Anlageberaters über die ihm in Folge der Vermittlung zustehenden Vergütungen ist zwischen normalen Vertriebsprovisionen (Innenprovisionen) und Rückvergütungen zu unterscheiden. Nur letztere sind auch unterhalb der vom BGH festgesetzten Schwelle (Innenprovision mehr als 15% der Beteiligungssumme) aufklärungspflichtig.

Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen nur dann vor, wenn Teile der – offen ausgewiesenen – Ausgabeaufschläge und Verwaltungskosten, die der Kunde über die Bank oder eine sonstige Vertriebsgesellschaft an die Fondsgesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an den Anlageberater umsatzabhängig zurückfließen, so dass dieser ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen, die Zahlungen also schmiergeldähnliche Funktion haben. Innenprovisionen sind demgegenüber Kostenbestandteile, die der Verkäufer oder Emittent nicht nur bei Kapitalanlagen, sondern auch bei sonstigen Produkten in deren Preis bzw. das Nominalkapital für den Vertrieb anpreist. Solche Provisionen haben keinerlei anrüchigen oder gar schmiergeldähnlichen Charakter.

Jedenfalls dann, wenn die Kosten für die Eigenkapital- und Fremdbeschaffung sowie für eine etwaige Platzierungsgarantie im rechtzeitig übergebenen Verkaufsprospekt offen ausgewiesen sind und die vom Anlagerberater erhaltene Provision die angegebenen Kapitalbeschaffungskosten nicht übersteigt, besteht ohne hinzutretende weitere Umstände keine Pflicht zur Aufklärung über die Höhe der Provisionszahlung.

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Spiegelberg

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

Rostock