Nutzungs- bzw. Pachtverträge zwischen Grundstückseigentümern und Projektentwicklern von Windkraftanlagen wie der Enertrag AG aus Dauerthal haben für beide Seiten erheblich Chancen. Es gibt aber auch einige Risiken, welche es durch vernünftige und ausgewogene vertragliche Regelungen zu minimieren gilt. Die Verträge der Enertrag sind nach unserer Auffassung für Grundstückseigentümer an vielen Positionen nachteilig und zwingend nachzuverhandeln.
1. Bezeichnung des Vertragsgegenstandes
Bei der Regelung des Vertragsgegenstandes wird u.a. festgelegt, ob es sich um einen Standortvertrag, um einen Abstandsflächenvertrag oder einen allgemeingültigen Vertrag handelt. In der Regel wird es sich um einen allgemeingültigen Vertrag handeln, da im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Nutzungsvertrages noch nicht genau feststeht, ob eine Anlage auf dem eigenen Grundstück stehen wird oder das Grundstück nur als Abstandsfläche benötigt wird und ob das vorgesehene Gebiet überhaupt als Windeignungsgebiet zur Errichtung von Windkraftanlagen WKA zugelassen wird.
Der Standort einer WKA wird in der Regel etwas besser vergütet als nur die Abstandsfläche, da die Belastung und Beeinträchtigung des Grundstücks natürlich auch weitaus größer ist.
Daneben sollte in etwa feststehen, welche genaue Anlagentyp ( Rotordurchmesser, Nabenhöhe; Leistung, Hersteller) errichtet werden soll. Gerade neu entwickelte Anlagen sind möglicherweise noch nicht ausgereift, gehen öfter kaputt und erfordern teurere Wartungen oder den Austausch ganzer Baugruppen zu hohen Kosten und erzielen daher geringere Erlöse. Zudem kann dann in etwa die Belastung des Grundstücks abgeschätzt werden, da große Anlagen mehr Fläche für die Errichtung und die Zufahrt beanspruchen.
Die voraussichtliche Lage der Windkraftanlage sollte sich zudem aus einem vorläufigen, möglichst detaillierten Lageplan ergeben. Dieser konkretisiert dann vorläufig den Standort der Anlage und den Verlauf von Wegen und Leitungen über das eigenen Grundstück. Verlassen kann man sich auf diesen vorläufigen Plan aber nicht, da durch das Genehmigungsverfahren oder die Anbindungen an das Stromnetz auch noch abweichende Regelungen und Verläufe notwendig werden können. Ein guter Projektierer wird sich darüber allerdings bereits grob Gedanken gemacht haben und diese aufzeichnen können.
Wichtig ist auch, dass das eigene Grundstück richtig bezeichnet ist, nur die tatsächlich für die Windnutzung erforderlichen Grundstücke vertraglich eingebunden werden (wichtig, da eine Sicherung sonst in allen entsprechenden Grundbüchern erfolgt und eine weitere Nutzung des Grundstücks erschwert) und nicht zu weitgehende Rechte eingeräumt werden.
2. Vertragslaufzeit
Bei dieser Regelung ist darauf zu achten, dass bei Vertragsschluss nicht zu lange Bindungen an den Projektierer erfolgen. Unternimmt die Firma nichts, um eine Genehmigung für die Anlage zu erreichen, so ist Ihr Grundstück dennoch an diese Firma möglicherweise über viele Jahre gebunden. Um das zu verhindern, müssen Kündigung oder Rücktrittsregelungen für beide Seiten vereinbart werden. Diese müssen allerdings angemessen sein, da die Planung von WKA bis zu ihrer tatsächlichen Errichtung schon mehrere Jahre beanspruchen kann. Der Projektierer benötigt auch gewisse Planungssicherheit.
Vertragslaufzeiten von 20 Jahren sowie einmalige oder zweimalige Verlängerungen von 4 oder 5 Jahre sind durchaus üblich.
Verzögert sich das Genehmigungsverfahren über die vereinbarten Zeiträume hinaus, so wird eine Vertragsbeendigung aus diesem Grund regelmäßig und richtigerweise ausgeschlossen. Zumindest sollte der Vertrag für diesen Fall aber eine Regelung über eine angemessene, finanzielle Ausgleichszahlung an den Eigentümer vorsehen. Eine solche Ausgleichszahlung ist bei den Verträgen der Enertrag meist nicht enthalten.
3. Nutzungsentgelte
Ein wesentlicher Punkt jedes Nutzungsvertrages ist die Entschädigungsregelung. Hier gibt es verschiedene Varianten, in welcher Art eine Vergütung für den Grundstückseigentümer erfolgt.
Hier sollten 2 Regelungsbereiche enthalten sein:
– Regelung bis zur Errichtung der Anlage
– Regelung ab Inbetriebnahme der Anlage
Bis zur Errichtung der Anlage werden üblicherweise nur geringe Entschädigungen gezahlt. Oft steht noch gar nicht fest, ob die Anlage überhaupt gebaut werden darf.
Für die Zeit ab Inbetriebnahme der Anlage sollte in der Regel eine prozentuale Vergütung an den von der Anlage erzielten Einspeiseerlösen vereinbart werden. Zudem sollten Mindestvergütungszahlungen verein-bart werden. Diese sind dann bereits im laufenden Jahr zu zahlen, prozentual erfolgt eine Abrechnung nach Ablauf des Jahres. Ergibt sich ein Überschuss zu den gezahlten Mindestvergütungen, werden diese Überschusse dann zeitnah ausgezahlt. Hat die Anlage weniger verdient (durch Stillstand etc.), behält der Eigentümer dennoch diese Mindestvergütung. Die Höhe der Zahlungen hängt stark von der Ergiebigkeit des Standortes und auch vom Anlagentyp ab. Diesbezüglich haben die die Anlage errichtenden und planenden Firmen grundsätzlich einen Wissensvorsprung, da sie über Windprognosen verfügen und somit in etwa abschätzen können, welchen Ertrag eine Anlage erzielen wird.
Die Verträge der Enertrag AG enthalten in der Regel eine solche Vereinbarung. Problematisch ist jedoch insbesondere die der Berechnungzugrunde gelegte Vergütung pro Kilowattstunde. Aufgrund des derzeitigen Ausschreibungsverfahren kann nicht genau gesagt werden, welche Vergütung tatsächlich gezahlt wird.
Schwer nachvollziehbar wird die Berechnung bei der Aufteilung der 70-prozentigen Vergütung für die betroffenen Flächen. Hier muss zwingend eine konkretere Regelung getroffen werden, welche Flächen tatsächlich betroffen sind, um eine angemessene Aufteilung zu erreichen.
Einige Firmen bieten dem Grundstückseigentümer auch die Option an, anstelle der jährlichen Zahlungen einen einmaligen Ablösebetrag als Vorauszahlung der Nutzungsentschädigung für die Gesamtvertragslaufzeit zu erhalten. Auch diesbezüglich sind wieder verschiedene Berechnungsmodelle im Angebot, auch dort ergeben sich schnell fünfstellige Differenzen zwischen einzelnen Angeboten.
Daneben werden aber auch die Verlegungen von Leitungen in das Grundstück sowie die Erstellung und Nutzung von Zuwegungen und Kranstellflächen einmalig bzw. jährlich nach qm vergütet. Dies findet in den Meridian-Verträgen leider nur für die Kabelverlegung Eingang.
Zudem fehlt auch eine Regelung, bis zu welchem Zeitpunkt bei Vertragsende eine Zahlung erfolgt.
4. Zahlungsfristen
Auch diese Punkte verdienen es, aufmerksam gelesen werden. Hier muss sich aus dem Vertrag deutlich geben, wann welche Zahlung erfolgt und insbesondere, dass Berechnungen belegt werden und auch Beträge zeitnah nach deren Entstehen gezahlt werden.
Hier ist der Vertrag der Enertrag AG an vielen Stellen unserer Auffassung nach zum Nachteil für die Grundstückseigentümer formuliert.
5. Kündigungsregelungen
Dieser Bereich ist bedeutsam, da hier geregelt wird, welche Verhaltensweisen der Parteien durch eine Vertragskündigung sanktioniert werden sollen.
Wichtig ist, dass eine klare Kündigungsregelung enthalten ist, falls nicht rechtzeitig mit der Bau der Anlage begonnen wird .
Aber auch für den Fall verspäteter Zahlungen müssen sich hier zwingend Regelungen finden. Die Enertrag- Verträge enthalten in der Regel eine vollkommen inakzeptable Kündigungsregelung, welche dem Grundstückseigentümer erst bei einem Rückstand von 2 Jahren das Recht zur Kündigung einräumen.
Es empfiehlt sich zudem, wie bei der Insolvenz der Firma PROKON deutlich wurde, sich auch ein Recht zur Kündigung für den Fall der Insolvenz der Projektfirma vorzubehalten. Ob das Recht dann tatsächlich auch ausgeübt wird, kann dann je nach Fallgestaltung durch den Grundstückseigentümer selbst entschieden werden.
6. Versicherung, Rückbau-Bürgschaft
Der Vertrag muss zudem stets nachzuweisende Versicherungen vorsehen, welche die aktuellen Versicherungssummen und Schadensbilder abdecken.
Der Enertrag-Vertrag ist an dieser Stelle nachzubessern, da der Vertrag nur auf marktübliche Versicherungsinhalte Bezug nimmt. Hier hat eine konkrete Festlegung der Vertragsinhalte aus unserer Sicht zu erfolgen.
Die Rückbaubürgschaft muss sich ebenfalls an den tatsächlich entstehenden Kosten eines Rückbaus für die spezielle Anlage orientieren. Die Enertrag – Verträge sind nach unserer Erfahrung an dieser Stelle unbedingt nachzubessern. Eine Bürgschaft ist häufig in nicht ausreichender Höhe vorgesehen und zudem fehlt eine Anpassung während der Vertragslaufzeit an sich verändernde Umstände und Werte. Im Zweifel muss die Absicherung ausreichend sein, um beispielsweise auch im Fall der Insolvenz der Betreiberfirma eine vollständige Entfernung der Anlage sowie aller Zuwegung zu gewährleisten. Derartige Regelungen fehlen und sind zwingend nachzuverhandeln.
7. Rückbau
Ein ganz wesentlicher Punkt liegt zum Ende der Vertragslaufzeit und im Falle eine Stilllegung der Anlage. Die Fixpunkte sind genau zu definieren. Außerdem muss sichergestellt werden, dass nach Ablauf der Zeit die Anlage sowie auch alle Nebenanlagen einschließlich der Kabel und Wege auch vollständig und in vernünftiger Frist abgebaut wird und der Urzustand wieder hergestellt wird. Der Eigentümer kann sich auch vorbehalten, dass bestimmte Dinge wie bspw. die Zuwegung auf seinem Grundstück ganz oder zum Teil verbleibt.
Auch die im Grundbuch vorgenommenen Eintragungen müssen zeitnah gelöscht werden, was unbedingt zu vereinbaren ist.
Die Enertrag – Regelungen sind an dieser Stelle unvollständig und nachzubessern.
8. Fazit
Es ist festzuhalten, dass die Enertrag Pacht-bzw. Nutzungsverträge genau geprüft werden müssen. Auf den ersten Blick bergen sie mehr Chancen als Risiken. Die Risiken zeigen sich jedoch erst dann, wenn die Anlage steht, nicht funktioniert bzw. wenn sie abgebaut werden muss oder wenn Zahlungen ausbleiben – also bei Problemen. Für diese Fälle muss vertraglich vorgesorgt werden, damit Sie als Eigentümer nicht rechtlos dem Treiben der Windkraftfirma auf Ihrem Grund und Boden zusehen müssen.
Die hier vorgenommene Darstellung ist keineswegs abschließend !
Zudem möchten wir darauf hinweisen, dass sich die obigen Erläuterungen auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrages beziehen und somit mögliche Veränderungen, welche danach seitens der Projektgesellschaft in den Verträgen vorgenommen werden, nicht berücksichtigt sind.
Eine anwaltliche Beauftragung ist unter dem Gesichtspunkt entstehender Kosten grundsätzlich kein Problem. Gute Projektierer – wozu grundsätzlich in die Enertrag AG auch zählt, zahlen in der Regel die durch die anwaltliche Beauftragung entstehende Kosten, sofern es zu einer Unterzeichnung eines guten Nutzungsvertrages kommt.
Geben Sie Ihren Vertrag daher einem Fachmann in die Hand !
Lesen Sie zum Thema gern auch unseren ausführlichen Beitrag:
Nutzungsverträge-Pachtverträge für die Errichtung von Windkraftanlagen
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Spiegelberg
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rostock
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Nutzungsverträge-Pachtverträge für die Errichtung von Windkraftanlagen