Durch die besondere Fiskalpolitik der EZB befinden wir uns in einer Niedrigzinsphase. Während das für Banken eine langatmige Geduldsprobe ist und sich dadurch viele Banken in wirtschaftliche Schwierigkeiten befinden, profitieren in den meisten Fällen die Kunden und Verbraucher.
Bei der Aufnahme eines Darlehens zahlt man zurzeit Zinsen zwischen 1 und 2 %-Punkten. Auch Bausparer mit Altverträgen von vor der Null-Zins-Politik haben gut Lachen – während aktuelle Verträge zu minimalsten Zinssätzen abgeschlossen werden können, sparen diese mit den viel höheren Zinssätzen von früher weiter. Bausparkassen haben daher längst begonnen, diese Ausgabenquelle zu verkleinern und versandten massenhaft Kündigungen an Kunden. Laut Angaben des Handelsblatt sind mehr 200.000 Verträge betroffen.
Gerichte beschäftigen sich nicht erst seit kurzem mit dem Thema – bereits seit gut über einem Jahr läuft eine Welle von Auseinandersetzungen an den Zivilgerichten der Bundesrepublik an. Und in einigen Fällen entschieden die Gerichte auch zu Gunsten der Bausparkassen.In vielen Fällen aber auch zu Gunsten der Bausparer.
Sonderkündigungsrecht § 489 BGB – Streitapfel für die Gerichte
Jüngst entschied nun auch das Oberlandesgericht Koblenz, dass die Kündigung der alten Verträge seitens der Bausparkasse wirksam und legitim sei. In dem zu Grunde liegenden Fall bezog sich die Bausparkasse auf ein Sonderkündigungsrecht, welches in § 489 BGB verankert ist. Aus Sicht der Kasse handele es sich bei dem Bausparvertrag um eine besondere Form des Darlehens: In der ersten Phase (der sogenannten Ansparphase oder Guthaben-Phase) zahlen die Kunden der Bausparkasse in ihren Vertrag ein und sparen eine gewisse Summe an. Während dieser Zeit ist die Bausparkasse laut Argumentation Darlehensnehmerin des Bausparers. Aufgrund dessen stehe der Bausparkasse in ihrer Rolle als Darlehensempfängerin in der ersten Phase ein Kündigungsrecht zu, was die Richter des Oberlandesgerichts bestätigten. „Bausparkassen können zur Zinsersparnis Bausperverträge wirksam kündigen.“, heißt es im Tenor. (Az.: 8 U 11/16)
Entscheidungen nicht einhellig – Entscheidungen des Bundesgerichtshofes erwartet
Frischen Gegenwind erhielt die Diskussion nun aber aus dem bayrischen Bamberg. Das dortige Oberlandesgericht entschied sich bei einer ähnlichen Faktenlage gegen die Wirksamkeit der Kündigung der Bausparkasse mit nahezu selbiger Begründung.
Damit unterstützt es die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Stuttgart, welches bereits im März 2016 durch Urteil für eine Kundin der Wüstenrot entschieden hatte.
In der Sache hatte die Kundin 1978 einen Bausparvertrag abgeschlossen, der eine gesamte Bausparsumme von damals 40.000,00 DM erreichen sollte. Ab 1993 wurde der Vertrag sogar zuteilungsreif. Doch nach der Zuteilungsreife stoppte die findige Sparerin ihre regelmäßigen Zahlungen und nahm auch kein Bauspardarlehen in Anspruch. Fast 20 Jahre später, Anfang 2015, kündigte die Bausparkasse schlussendlich den Vertrag. Doch die Kundin hatte Glück: Die vereinbarte Bausparsumme wurde nicht erreicht – lediglich 15.000,00 € befanden sich auf dem Guthaben der Frau. 20.000 € wären jedoch notwendig gewesen. Die Phase 2 – die Darlehensphase – wurde im Bausparvertrag also nicht erreicht.
Doch selbstverständlich ließ die Kasse das nicht auf sich sitzen. Direkt nach der Entscheidung wurde die Revision zugelassen – und der Fall an den Bundesgerichtshof weitergereicht.
Die Revision ist auch in allen übrigen Entscheidungen der Oberlandesgerichte ebenfalls zugelassen worden. Vermutlich wird es erst im kommenden Jahr eine eindeutige Richteinscheidung durch den BGH geben – bis dahin werden die Bausparkassen auch weiterhin eine Erfolgsquote bei ihren Kündigungen von beinahe 90 % haben. Diese Quote ist nur deswegen so hoch, da sich nur ca. 10 % ! aller Bausparer gegen die Kündigungen zu Wehr setzen.
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Holger Spiegelberg
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