Nutzungsverträge / Pachtverträge zwischen Grundstückseigentümern und Projektentwicklern von Windkraftanlagen wie Max Bögl Wind AG sind mittlerweile sehr komplexe Regelwerke über sehr viele Vertragsseiten einschließlich der Anlagen zum Vertrag und haben für beide Seiten erheblich Chancen. Es gibt aber auch einige Risiken für die Grundstückseigentümer. Daher sind in den Verträgen regelmäßig Ergänzungen und Korrekturen vorzunehmen, bevor sie unterschrieben werden können.
1. Vertragsgegenstand
Bei der Regelung des Vertragsgegenstandes wird u.a. festgelegt, ob es sich um einen Standortvertrag, um einen Abstandsflächenvertrag oder einen allgemeingültigen Vertrag handelt. In der Regel wird es sich um einen allgemeingültigen Nutzungsvertrag handeln, da im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Nutzungsvertrages noch nicht genau feststeht, ob eine Anlage auf dem eigenen Grundstück stehen wird oder das Grundstück nur als Abstandsfläche benötigt wird. Der Standort einer Windkraftanlage WKA wird in der Regel besser vergütet als nur die Abstandsfläche, da die Belastung und Beeinträchtigung des Grundstücks natürlich auch weitaus größer ist.
Daneben sollte in etwa feststehen, welcher genauer Anlagentyp ( Rotordurchmesser, Nabenhöhe; Leistung, Hersteller) errichtet werden soll. Gerade neu entwickelte Anlagen sind möglicherweise noch nicht ausgereift, gehen öfter kaputt und erfordern teurere Wartungen oder den Austausch ganzer Baugruppen zu hohen Kosten und erzielen daher geringere Erlöse. Außerdem ist diese Information wichtig, denn auch die Höhe der zu bestellenden Bürgschaft und die Versicherungssumme richten sich nach der Anlagengröße.
Zudem kann dann in etwa die Belastung des Grundstücks abgeschätzt werden, da große Anlagen i.d. Regel mehr Fläche für die Errichtung und die Zufahrt beanspruchen. Die voraussichtliche Lage der Anlage sollte sich zudem aus einem vorläufigen Lageplan ergeben. Dieser konkretisiert dann vorläufig zumindest den etwaigen Standort der Anlage und den Verlauf von Wegen und Leitungen über das eigene Grundstück. Verlassen kann man sich auf diesen vorläufigen Lageplan aber nicht, da durch das Genehmigungsverfahren oder die Anbindungen an das Stromnetz auch noch abweichende Regelungen und Verläufe notwendig werden können. Ein guter Projektierer wird sich darüber allerdings bereits grob Gedanken gemacht haben und diese aufzeichnen können. Wichtig ist auch, dass das eigene Grundstück richtig bezeichnet ist und nicht zu weitgehende Rechte eingeräumt werden. Weitere Flurstücke des Eigentümers, welche mit der Errichtung der Anlagen offensichtlich keine Berührung haben, sollten nicht im Vertrag und in der bestellten Dienstbarkeit auftauchen. Derartige Eintragungen belasten das Grundbuch und erschweren die weitere Nutzung dieser Flurstücke, beispielsweise als Sicherheit.
Die Verträge von Max Bögl Wind AG gestatten dem Projektierer grundsätzlich sehr weit reichende Eingriffe und Befugnisse in das Grundstück. Im Einzelnen muss da geprüft werden, ob dies notwendig ist bzw. welche Kompensation dafür im Vertrag geschaffen wird. Die Beschreibung des Vertragsgegenstandes ist auf jeden Fall nachzubessern, da dazu kaum Angaben enthalten sind.
2. Vertragslaufzeit
Bei dieser Regelung ist darauf zu achten, dass bei Vertragsschluss nicht zu lange Bindungen an den Projektierer erfolgen. Unternimmt die Firma nichts, um eine Genehmigung für die Anlage zu erreichen, so ist Ihr Grundstück dennoch an diese Firma möglicherweise über viele Jahre gebunden. Um das zu verhindern, müssen Kündigungs- oder Rücktrittsregelungen für beide Seiten vereinbart werden. Diese müssen allerdings angemessen sein, da die Planungen von WKA bis zu ihrer tatsächlichen Errichtung mittlerweile durch die ausufernde Bürokratie schon mehrere Jahre beanspruchen können. Der Projektierer benötigt ja auch Planungssicherheit. Vertragslaufzeiten von 20 Jahren / 25 Jahren sowie Verlängerungen um 1x oder 2 x 5 Jahre sind durchaus üblich. Die uns vorgelegten Verträge der Firma Max Bögl Wind AG laufen auf 20 Jahre ab Inbetriebnahme mit der Option der Verlängerung von 2 x 5 Jahren. Dies ist nicht zu beanstanden.
3. Nutzungsentgelte
Ein wesentlicher Punkt jedes Nutzungsvertrages ist die Entschädigungsregelung. Hier gibt es verschiedene Varianten, in welcher Art eine Vergütung für den Grundstückseigentümer erfolgt.
Gute Verträge enthalten hier zumindest 2 Regelungszeiträume:
– Regelung bis zur Errichtung der Anlage
– Regelung ab Baubeginn bzw. Inbetriebnahme der Anlage
Die sehr guten Verträge unterscheiden dann noch für den Zeitraum ab Stilllegung der Anlage bis zum Rückbau.
Der Max Bögl Vertrag hat nur einen Regelungszeitraum, der mit der Inbetriebnahme beginnt und mit der Außerbetriebnahme endet.
Bis zur Errichtung der Anlage werden üblicherweise nur geringe Entschädigungen, oft Bereitstellungsentgelte genannt, gezahlt. In vielen Fällen steht noch gar nicht fest, ob die Anlage überhaupt gebaut werden darf.
Für den Betrieb der Anlage sollte in der Regel zur Vermeidung von Inflationsverlusten eine prozentuale Vergütung an den von der Anlage erzielten Einspeiseerlösen vereinbart werden. Zudem sollten Mindestvergütungszahlungen vereinbart werden. Diese sind dann bereits im laufenden Jahr zu zahlen, prozentual erfolgt eine Abrechnung nach Ablauf des Jahres. Ergibt sich ein Überschuss zu den schon gezahlten Mindestvergütungen, werden diese Überschusse dann zeitnah ausgezahlt. Hat die Anlage weniger verdient (durch Stillstand etc.), behält der Eigentümer dennoch diese Mindestvergütung. Die Höhe der Zahlungen hängt stark von der Ergiebigkeit des Standtortes und auch vom Anlagentyp ab. Diesbezüglich haben die die Anlage errichtenden und planenden Firmen grundsätzlich einen Wissensvorsprung, da sie über Windprognosen verfügen und somit in etwa abschätzen können, welchen Ertrag eine Anlage erzielen wird.
Die Vergütungsvereinbarungen in den Verträgen der Firma Max Bögl Wind AG sind derzeit nicht marktüblich, auch wenn sie sich, was gut ist, grundsätzlich prozessual am Ertrag der Anlage orientieren. Definitiv sind an einigen wichtigen Punkten Korrekturen vorzunehmen. Vom Grundtypus her handelt es sich bei den Max Bögl – Verträgen um sogenannte Poolverträge, welche wir aus unterschiedlichen Gründen für den Grundstückseigentümer undurchsichtig halten und daher an einigen Regelungspunkten unbedingt Ergänzungen vorzunehmen sind.
Daneben erfolgt auch eine Vergütung für die Bebauung des Grundstücks mit Zuwegungen und die Verlegung von Kabeln. Aber auch diese Regelung ist nicht mehr marktüblich und sollte in angemessener Weise angepasst werden.
4. Zahlungsfristen
Auch diese Punkte verdienen es, aufmerksam gelesen zu werden. Oft fehlen Regelungen zur Zahlung von Zinsen bei Zahlungsverzug vollständig, bei anderen beginnen sie erst nach einem bestimmten Zeitraum. Max Bögl AG zahlt die vereinbarte Mindestnutzungsentschädigung bis zum 31.1.des laufenden Jahres aus. Dies ist grundsätzlich sehr früh und daher nicht zu beanstanden. Die prozentuale Vergütung aus dem laufenden Jahr erfolgt unter Vorlage von Abrechnungen bis zum 30.6. des Folgejahres, was sehr spät, nicht marktüblich und daher abzuändern ist. Es fehlen daneben ordentliche Regelungen für die Folgen des Zahlungsverzuges. In Verbindung mit den sogleich dargestellten Kündigungsmöglichkeiten des Vertrages ist hier noch nachzubessern.
Positiv ist, dass dem Grundstückseigentümer die für die Berechnung des jährlichen Nutzungsentgeltes erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden.
5. Kündigungsregelungen
Dieser Bereich ist bedeutsam, da hier geregelt wird, welche Verhaltensweisen der Parteien durch eine Vertragskündigung sanktioniert werden sollen. Wichtig ist, dass eine klare Kündigungsregelung enthalten ist, falls nicht rechtzeitig mit der Bau der Anlage begonnen wird. Die im Vertrag genannten Fristen (fünf Jahre +3 Jahre) sind aufgrund der langen Genehmigungszeiträume in Deutschland in Ordnung.
Aber auch für den Fall verspäteter Zahlungen müssen sich zwingend
Regelungen finden. Die Max Bögl Verträge enthalten nach unserer Sichtweise ein in
Teilen unzureichendes Kündigungsrecht. Denn insbesondere die konkreten Gründe
und Möglichkeiten, bei denen der Grundstückseigentümer eine Kündigung der
Verträge vornehmen kann, werden kaum dargestellt.
Für den Fall des Zahlungsverzuges halten
wir die im Vertrag angesetzten 3 Monate für ausreichend bemessen.
Zudem empfiehlt es sich – wie bei der damaligen Insolvenz der Firma PROKON deutlich wurde –auch ein Recht zur Kündigung für den Fall der Insolvenz der Projektfirma vorzubehalten. Ob das Recht dann tatsächlich ausgeübt wird, ist dabei nicht von Belang.
6. Versicherung, Rückbau
Der Vertrag muss zudem stets nachzuweisende Versicherungen vorsehen, welche die aktuellen Versicherungssummen und Schadensbilder abdecken. Der Max Bögl – Vertrag enthält dazu eine nur unzureichende Regelung, in welcher insbesondere keine Versicherungssummen genannt werden. Das jährliche Einsichtsrecht dagegen ist positiv.
Eine Regelung zur Absicherung der Rückbaukosten fehlt überraschenderweise vollständig. Gerade diese Regelung ist von immenser Bedeutung für den Grundstückseigentümer. Denn für Rückbau und Beseitigung haftet grundsätzlich der Eigentümer selbst. Nur mithilfe der Bürgschaft in ausreichender Höhe ist es für den Grundstückseigentümer möglich, die Kosten der Beseitigung der Anlage abzusichern, insbesondere wenn der Betreiber in finanziellen Schwierigkeiten ist.
7. Ablauf Rückbau, Dienstbarkeiten, Übertragung
Ein ganz wesentlicher Punkt liegt zum Ende der Vertragslaufzeit und im Falle eine Stilllegung der Anlage. Die Fixpunkte sind genau zu definieren. Außerdem muss sichergestellt werden, dass nach Ablauf der Zeit die Anlage auch vernünftig und in vernünftiger Frist abgebaut wird und der Urzustand wieder hergestellt wird. Der Eigentümer kann sich auch vorbehalten, dass bestimmte Teile der Anlage wie bspw. die Zuwegung auf seinem Grundstück ganz oder zum Teil verbleiben. An diesen Positionen sind im Vertrag von Max Bögl aus Eigentümersicht Ergänzungen unbedingt erforderlich
Auch die im Grundbuch vorgenommenen Eintragungen insbesondere in Form der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit müssen zeitnah gelöscht werden, was unbedingt zu vereinbaren ist. Dabei sollte auf Regelungen hingewirkt werden, welche es für den Eigentümer erleichtern, im Falle schlechter Kommunikation oder der Kündigung eine Löschung der Eintragungen möglichst selbst zu bewilligen. Derartige Regelungen sind regelmäßig jedoch individuell auszuhandeln.
Es fehlen in den Verträgen der Max Bögl AG zu konkreten Abläufen und Vorgängen betreffend den Rückbau dann weiterhin noch detaillierte Regelungen. Es muss klar geregelt sein, dass ein Rückbau den ursprünglichen Zustand – dieser muss vor Baubeginn festgestellt werden – wieder hergestellt und auch eine gleiche Bodenqualität wie bei Baubeginn wieder in die Baugruben eingebracht wird. Zudem muss klar sein, wo der bei Baubeginn anfallende überschüssige Mutterboden gelagert wird. Weitere Regelungen können sich ergeben, wenn ehemals Waldgrundstücke für die Errichtung der Anlage gerodet wurden.
Augenmerk sollte man zudem auch auf die Regelungen zur Übertragung des Vertrages bzw. von Rechten und Pflichten aus dem Vertrag richten. In der Regel können die Projektgesellschaften die Verträge ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers übertragen/verkaufen. Hier sollte – soweit möglich – mit einer Zustimmung vorgebeugt werden. Bei den Verträgen der Max Bögl Wind AG wird seitens des Grundstückseigentümers einer Übertragung bereits unwiderruflich zugestimmt, was aus unserer Sicht einen Nachteil für den Eigentümer bedeutet, selbst wenn dieser die Möglichkeit hat, dem Eintritt des Dritten unter Angabe von Gründen zu widersprechen. Dies ist aus unserer Sicht keine gute Regelung, setzt sie den Eigentümer doch unter Zeitdruck. Außerdem wird dieser kaum in der Lage sein, ohne weiteres die Zuverlässigkeit des Dritten einzuschätzen
Überdies sollte die Zustimmung des Grundstückseigentümers zu Eintragungen nach Vertragsunterzeichnung nur dann erfolgen, sofern diese Eintragungen auch tatsächlich für den Fortschritt des Projektes notwendig sind. Anderenfalls haben sie im Grundbuch bspw. eine Vormerkung stehen, welche sich im Extremfall nur äußerst schwer und nur mit Zustimmung der Gegenseite wieder löschen lässt. Dies sollte vermieden werden.
8. Fazit, Kosten der Prüfung durch einen Rechtsanwalt
Es ist festzuhalten, dass der von Max Bögl Wind AG vorgelegte Pacht-bzw. Nutzungsvertrag genau geprüft werden muss. Der Vertrag ist zwar an vielen Stellen durchaus marktüblich angelegt. Dennoch sind in dem Vertrag nach unserer Auffassung eine Reihe von kleinen und auch größeren Korrekturen/Ergänzungen vorzunehmen, um so die vertraglichen Risiken, welche den Grundstückseigentümer treffen könnten, zu minimieren. Denn die Auswirkung der vertraglichen Risiken zeigt sich in der Praxis erst dann, wenn die Anlage steht, nicht funktioniert bzw. wenn sie abgebaut werden muss oder wenn Zahlungen ausbleiben – also bei Problemen. Für diese Fälle muss vertraglich weitestgehend vorgesorgt werden, damit sie als Eigentümer nicht rechtlos dem Treiben der Windkraftfirma auf Ihrem Grund und Boden zusehen müssen.
Denken Sie stets daran, dass es bei dem abzuschließenden Vertrag um ein privatrechtliches Geschäft geht. Die Firma Max Bögl Wind AG wird daher im Vordergrund die eigenen Rechte waren wollen, was natürlich legitim ist. Von daher ist die Max Bögl natürlich auch berechtigt, eine vertragliche Vorlage zu erstellen, welche die eigene Rechtsposition besser ausformuliert.
Daher gilt es für den Grundstückseigentümer umso mehr, die Verträge an den vorgenannten Positionen und regelmäßig auch an weiteren Positionen nachzuverhandeln. Dies sollte mithilfe fachkundiger (anwaltlicher) Unterstützung erfolgen, da auch die Max Bögl Wind AG sich bei der Erstellung der Verträge selbstverständlich anwaltlicher Beratung bedient.
Die hier vorgenommene Darstellung ist keineswegs abschließend.
Zudem möchten wir darauf hinweisen, dass sich die obigen Erläuterungen auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrages beziehen und somit mögliche Veränderungen, welche danach seitens der Projektgesellschaft in den Verträgen vorgenommen werden, nicht berücksichtigt sind.
In der Regel werden die bei der Beauftragung anwaltlicher Hilfe entstehenden Kosten von der Projekt – Gesellschaft, welche die Errichtung und Nutzung der Windkraftanlage beabsichtigt, auch übernommen, sodass die rechtliche Prüfung den Grundstückseigentümer im Ergebnis kein Geld kosten würde. Dies ist aber in jedem Einzelfall abzustimmen.
Geben Sie Ihren Vertrag daher einem Fachmann in die Hand !
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Holger Spiegelberg, Rechtsanwalt
Energierecht
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Rostock