Eine deutsche Anlegerin hat nach einer Entscheidung des BGH vom 9.3.2010 Anspruch auf Schadensersatz gegen eine US-amerikanische Brokerfirma wegen Verlusten aus vermittelten Optionsgeschäften an US-amerikanischen Börsen.
Sachverhalt
Die Klägerin schloss im Jahr 2003 mit dem Vermittler einen Geschäftsbesorgungsvertrag über die Durchführung von Börsentermingeschäften. Danach fielen für die Tätigkeit des Vermittlers und der Beklagten umfangreiche Gebühren und Gewinnbeteiligungen an. Die Klägerin beantragte mittels eines ihr vom Vermittler vorgelegten Vertragsformulars bei der Beklagten die Einrichtung eines Einzelkontos und darauf im Dezember 2003 einen Betrag von 6.000 € ein. In der Folgezeit tätigte der Vermittler bis zu Einstellung seiner Geschäftstätigkeit im November 2005 für die Klägerin zahlreiche Geschäfte, wobei er die Orders nebst den Provisionen in die ihm von der Beklagten zur Verfügung gestellte Online-Plattform eingab, auf der die Transaktionen ohne Kontrolle der Beklagten vollautomatisch durchgeführt wurden. Nach Beendigung der Geschäftsbeziehung erhielt die Klägerin im Jahr 2006 einen Betrag in Höhe von 205,01 € zurück. Die Differenz zum eingezahlten Kapital nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Kosten macht sie nun geltend.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die geltend gemachten deliktischen Ansprüche bejaht und die Auffassung des Berufungsgerichts bestätigt, dass die beklagte US-Brokerfirma der Klägerin wegen Beteiligung an einer durch den Vermittler begangenen vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung schadensersatzpflichtig ist (§§ 830, 826 BGB). Der Vermittler hat die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, indem er für sie Termingeschäfte ausgeführt hat, die aufgrund der Gebührenstruktur von vornherein praktisch chancenlos gewesen sind. An diesem sittenwidrigen Geschäftsmodell des Vermittlers, das auf die Ausnutzung des Gewinnstrebens und Leichtsinns uninformierter und leichtgläubiger Geschäftspartner ausgerichtet gewesen ist, hat die geschäftserfahrene und über die hohe Missbrauchsgefahr bei der Vermittlung von Terminoptionsgeschäften unterrichtete Beklagte sich dadurch beteiligt, dass sie dem Vermittler über ihr automatisches Online-System den von ihr nicht kontrollierten Zugang zur New Yorker Börse ermöglicht hat. Dabei hat sie zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Vermittler die Klägerin zur von vornherein chancenlosen Börsentermingeschäften veranlasst hat. Die Beklagte hat in einem solchen Maß leichtfertig gehandelt, dass sie die von ihr als möglich erkannte Schädigung der Klägerin in Kauf genommen haben muss. Sie hat das Geschäftsmodell des Vermittlers nicht vorab geprüft, sondern ihm den Zugang zu ihrem vollautomatischen Online-System von vornherein ohne alle Kontrollmaßnahmen eröffnet und ihm durch die Vertragsgestaltung zu erkennen gegeben, dass sie ihn bei der Ausführung der Transaktionen “schalten und walten” lassen werde. Indem sie die Augen bewusst vor einer sich aufdrängenden Sittenwidrigkeit des Geschäftsmodells des Vermittlers verschlossen und ihm gleichwohl den unkontrollierten Betrieb des Geschäftsmodells über ihr Online-System ermöglicht hat, hat die Beklagte die Verwirklichung der erkannten Gefahr letztlich dem Zufall überlassen. Die vorherige Prüfung durch die Beklagte, die sich nur auf die aufsichtsrechtliche Zulassung des Vermittlers und etwaige gegen ihn gerichtete aufsichtsrechtliche Verfahren bezogen hat, ist offensichtlich unzureichend gewesen.
hs