Der Betreiber einer Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien kann das nach § 2 StrEG 1998 beziehungsweise nach § 3 Abs. 1 EEG verpflichtete Elektrizitätsversorgungsunternehmen unmittelbar auf Abnahme und Vergütung des Stroms sowie unter der Geltung des § 3 Abs. 1 EEG auch auf Anschluß der Anlage an das Netz in Anspruch nehmen.
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 11.6.2003, Az: VIII ZR 160/02, klargestellt, dass die Vorschrift des § 3 Abs. 1 EEG (Stand 1.4. 2000) verfassungsgemäß ist und Energieversorgungsunternehmen (EVU) danach eine Verpflichtung zm Anschluss, zur Abnahme und zur Vergütung eingespeisten EEG-Stroms haben.
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt fünf Windkraftanlagen. Sie verlangt von dem beklagten, regionalen Elektrizitätsversorgungsunternehmen, den in diesen
Anlagen erzeugten Strom abzunehmen und zu vergüten. Der Klägerin erhielt im Jahr 1995 eine Genehmigung zum Bau von fünf Windkraftanlagen erteilt. Sie
bat daraufhin die Beklagte um den Anschluß der zu errichtenden Windkraftanlagen an ihr Netz, das zu deren Standort die kürzeste Entfernung hat. Die Beklagte
lehnte mit der Begründung ab, die Aufnahmekapazität ihres geplanten Umspannwerkes in M. sei erschöpft.
Mit der im November 1997 erhobenen Klage hat die Klägerin von der Beklagten verlangt, die fünf Windkraftanlagen an ihr Versorgungsnetz anzuschließen,
den erzeugten Strom abzunehmen und zu vergüten. Die Beklagte hat in erster Linie die Auffassung vertreten, das StrEG 1998 sei verfassungswidrig und verstoße darüber hinaus gegen den EG-Vertrag.
Während des gerichtlichen Verfahrens wurden die Anlagen an das Netz angeschlossen. Dabei wies die Beklagte darauf hin, dass sie der Klägerin nach Herstellung des Anschlusses die Kosten in Rechnung stellen werde. Seit Juni 1999 speisen die Anlagen Strom in das Netz der Beklagten ein.
Im Oktober 1999 hat die Beklagte der Klägerin für die Herstellung des Anschlusses insgesamt einen Betrag in Höhe von 745.042,48 DM einschließlich Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt.
Im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens ist mit Wirkung zum 1. April 2000 das StrEG 1998 durch das EEG ersetzt worden.
Entscheidungsgründe:
Fest steht, dass die Windkraftanlagen der Klägerin dem Anwendungsbereich des StrEG 1998 (§ 1) und des EEG (§ 2) unterfallen, daß die Beklagte ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen
ist, das ein Netz für die allgemeine Versorgung betreibt, daß ferner die Windkraftanlagen der Klägerin Strom im Versorgungsgebiet der Beklagten erzeugen beziehungsweise deren Netz die kürzeste Entfernung zum Standort der Anlagen der Klägerin hat und daß schließlich die Beklagte deshalb bei technischer Eignung des Netzes für die Aufnahme des Stroms grundsätzlich der Abnahme- und Vergütungspflicht nach § 2 StrEG 1998 beziehungsweise § 3 Abs. 1 EEG unterliegt.
I.
1.) Gegen die den Elektritzitätsversorgungsunternehmen obliegende Abnahme-und Vergütungspflicht nach § 2 StrEG 1998 und § 3 Abs. 1 EEG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Zwischen den belasteten Elektrizitätsversorgungsunternehmen und den ihnen übertragenen Aufgaben war namentlich eine besondere Verantwortungsbeziehung anzunehmen, die
nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben zu rechtfertigen vermag. Diese ergab sich aus der
durch § 103 GWB a.F. begründeten monopolartigen Stellung der Elektrizitätsversorgungsunternehmen in ihrem Versorgungsgebiet, der eine besondere
Verantwortung gegenüber anderen Stromerzeugern und darüber hinaus für eine ressourcenschonende und umweltgerechte Energieversorgung entsprach.
Die finanziellen Belastungen waren aber auch deswegen zumutbar, weil sie damals im Vergleich zum Gesamtumsatz der betroffenen Elektrizitätsversorgungsunternehmen
gering waren, weitgehend an die Verbraucher weitergegeben werden konnten und zudem durch die Härteklausel des § 4 StrEG 1990
gemildert wurden. Eine ungleiche Belastung der einzelnen Versorgungsunternehmen aufgrund regionaler Unterschiede ließ sich seinerzeit ebenfalls nicht
feststellen .
Wegen ihrer unmittelbaren Vertragsbeziehungen zu den Stromverbrauchern ist es den EVU zudem auch am einfachsten möglich, die finanziellen Belastungen,
die durch die Abnahme und Vergütung des Stroms aus erneuerbaren Energien entstehen, auf die Stromverbraucher zu verlagern.
Die Abnahme- und Vergütungspflicht verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG
Ein Verstoß gegen in den Art. 105 ff. GG festgelegten Grundsätze der staatlichen Finanzverfassung ist nicht gegeben, weil es für eine Sonderabgabe an der
dafür erforderlichen Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand fehlt.
2. ) Gegen die Verfassungsmäßigkeit des am 1. April 2000 in Kraft getretenen EEG bestehen gleichfalls keine durchgreifenden Bedenken, da die
zugrunde liegende Grundkonzeption der Förderung regenerativer Energieerzeugung insoweit beibehalten bleibt, als den Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Energien danach unverändert
ein gesetzlicher Anspruch auf Abnahme des Stroms zu einer bestimmten, über dem Marktpreis liegenden Vergütung zusteht (§ 3 Abs. 1, §§ 4 ff. EEG).
Die im vorliegenden Zusammenhang wichtigste Änderung gegenüber dem StrEG 1998 besteht darin, daß das EEG in § 11 anstelle der Härteklausel nach § 4 StrEG 1998 eine bundesweite
Ausgleichsregelung vorsieht, die eine ungleichmäßige Belastung der Netzbetreiber sowie der vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber aufgrund regionaler
Unterschiede insbesondere bei der Einspeisung von Windenergie beseitigt.
Durch die bundesweite Ausgleichsregelung, die die unterschiedliche Belastung einzelner Netzbetreiber und vorgelagerter
Übertragungsnetzbetreiber aufgrund regionaler Unterschiede insbesondere bei der Einspeisung von Windenergie gleichmäßig auf alle Letztverbraucher beliefernden Elektrizitätsversorgungsunternehmen verteilt, ist eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes durch die Abnahme- und Vergütungspflicht nach
§ 3 Abs. 1 und 2 EEG ausgeschlossen
II.
1. ) Aus § 2 StrEG 1998 und § 3 Abs. 1 EEG könne die Klägerin schließlich einen unmittelbaren Anspruch auf Abnahme und Vergütung des Stroms aus erneuerbaren
Energien herleiten. Die nach dem Wortlaut des § 2 StrEG 1998 und des § 3 Abs. 1 EEG auf Abnahme und Vergütung sowie im Fall des § 3 Abs. 1 EEG auch auf
Anschluß gerichtete Verpflichtung der Beklagten konnte die Klägerin mit einer unmittelbar auf Vornahme dieser Handlungen gerichteten Klage geltend machen.
Im hier zu entscheidenden Fall war die Beklagte nicht berechtigt, den Anschluß der Anlagen der Klägerin sowie die Abnahme und Vergütung des davon erzeugten Stroms mangels vertraglicher Regelung der Nebenbedingungen abzulehnen. Die Modalitäten des Anschlusses sowie der Abnahme und Vergütung waren zwischen den Parteien nicht umstritten. Das waren vielmehr nur die Anschlußkosten.
2. )Die Frage, wer die Kosten für die Einspeisung von Strom aus erneuerbarenEnergien in die Netze der Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu tragen hat,
beurteilte sich unter der Geltung des StrEG 1998 nach den allgemeinen schuldrechtlichen Regeln der §§ 269, 448 BGB. Mangels anderweitiger Vereinbarung
oblagen danach dem Stromerzeuger die Kosten zur Schaffung der für die Einspeisung erforderlichen technischen Voraussetzungen, insbesondere der Verlegung
von Kabeln bis zum Einspeisungsort (Senatsurteil vom 29. September 1993 – VIII ZR 107/93, zum StrEG 1990). In Anknüpfung hieran bestimmt seit dem 1. April 2000 § 10 EEG
ausdrücklich, daß die notwendigen Kosten des Anschlusses an den technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt der Anlagenbetreiber, die
notwendigen Kosten eines nur infolge neu anzuschließender Anlagen erforderlichen Ausbaus des Netzes für die allgemeine Versorgung zur Aufnahme und
Weiterleitung der eingespeisten Energie hingegen der Netzbetreiber trägt.
3.) Die Klägerin kann von der Beklagten auch die Herstellung des Anschlusses ihrer Windkraftanlagen an das Versorgungsnetz der Beklagten verlangen.
Dieser Anspruch besteht allerdings erst aufgrund des während des Berufungsverfahrens am 1. April 2000 in Kraft getretenen § 3 Abs. 1 in Verbindung
mit § 10 Abs. 1 Satz 3 EEG. Auf der Grundlage der bis dahin geltenden §§ 2, 3 StrEG 1998 konnte die Klägerin von der Beklagten lediglich die Abnahme
und Vergütung des von ihr erzeugten Stromes beanspruchen, dagegen nicht die Herstellung des Anschlusses.
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Spiegelberg
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