Die Errichtung oder das Repowering von Windenergieanlagen findet sehr häufig auf dem freien Feld ohne vorhandene Infrastruktur statt. Die Anlieferung von Bestandteilen der Windenergieanlage wie Turmsegmente, der Rotorblätter und des Generators, die mittlerweile aufgrund der Anlagengröße erhebliche Dimensionen angenommen haben, bedürfen jedoch einer tragfesten und gerade auch in den Kurven breiten Zuwegung. Einige Anlagenhersteller geben sogar die Himmelsrichtung für die Anlieferung von Segmenten, bspw. aus Richtung Norden, vor.
In strukturschwachen Regionen mit ohnehin wenig Infrastruktur kann daher eine sehr lange Zuwegung über diverse Grundstücke notwendig werden. Zum Zwecke der Absicherung des Vorhabens sind die Projektfirmen somit darauf angewiesen, dass die Grundstückseigentümer die Errichtung einer Zuwegung über ihre Flächen dulden. Die rechtliche Absicherung dieses Anliegens findet über sogenannte Gestattungsverträge statt.
Diese Gestattungsverträge sind in der Regel sehr langfristig angelegt und beinhalten nicht unbedeutende Rechte und Pflichten für beide Parteien.
Daher empfehlen wir sowohl Privatpersonen, gewerblichen Eigentümern als auch Gemeinden dringend, vor Unterzeichnung eines solchen Vertrages sich unbedingt rechtlich zu informieren, ob die vereinbarten Regelungen auch auf längere Sicht ausreichend sind, die Rechte des Grundstückseigentümers zu wahren.
Nachfolgend werden wir einige wichtige Positionen aufgreifen, welche in diesen Verträgen häufig vorkommen und zu beachten sind. Diese Aufzählung ist allerdings nicht abschließend. Je nach Einzelfallgestaltung und auch den vorhandenen örtlichen Gegebenheiten sind durchaus weitere Positionen zu bedenken und zu prüfen.
- Vertragsgegenstand
Im Vertragsgegenstand wird dargestellt, welche einzelnen Grundstücke benötigt werden und daher betroffen sind und welche konkrete Nutzung auf diesem Grundstück vorgesehen ist. Wichtig für eine weitere landwirtschaftliche Nutzung ist auch der Verlauf der Wege, denn durch diese Wege kann die effektive Bewirtschaftung der Felder unter Umständen erheblich beeinträchtigt werden.
Zur Vermeidung von Vertragsverstößen aus einem Bewirtschaftungsvertrag mit einem landwirtschaftlichen Pächter empfiehlt es sich, diesen bei Vertragsabschluss ebenfalls zu berücksichtigen, gegebenenfalls den Pächter einzubinden und seine Zustimmung zum geplanten Wegeverlauf schriftlich einzuholen.
Geregelt werden sollten außerdem die Abmaße der Zuwegung, die Breite von Kurvenradien sowie, welche Tätigkeiten/Arbeiten vor dem Vorliegen einer rechtskräftigen Baugenehmigung an den Projektentwickler zugestanden werden.
2. Dokumentation
Nach unserer Auffassung ist es wichtig, dass vor und nach der abgeschlossenen Errichtung der Zuwegung eine Dokumentation über den Zustand des Grundstückes vorgenommen wird. Nur so können Probleme, welche im Zusammenhang mit den Arbeiten bzw. später auftauchen, einvernehmlich geklärt werden. Insbesondere ist auch darauf zu achten, dass durch die Arbeiten keine Beeinträchtigung der Dränageanlagen erfolgt bzw. diese in ihrer Funktion wiederhergestellt wird. Ebenso ist sicherzustellen, dass durch die Errichtung der Zuwegungen keine ungewünschten und unkontrollierten Abflüsse des Oberflächenwassers erfolgen.
3. Laufzeit und Vergütung
Einige dieser Verträge sind ohne konkrete Laufzeit ausgestaltet, was wir allerdings nicht für sinnvoll erachten und für eine konkrete Angabe einer Laufzeit plädieren. Als praktisch kann es sich erweisen, die Laufzeit des Gestattungsvertrages für die Zuwegung an die Nutzungszeit der Windenergieanlage zu koppeln.
Die Zahlung eines Nutzungsentgeltes ist aufgrund der dauerhaften Beeinträchtigung und Nutzung absolut üblich und wird in Euro pro Quadratmeter und unter Berücksichtigung der beanspruchten Fläche einschließlich der Gräben ermittelt. In der Regel ist die Zahlung in jedem Jahr vorzunehmen, da die Beeinträchtigung dauerhaft ist und ggf. diese Fläche der entgeltpflichtigen Bewirtschaftung durch einen Landwirt entzogen ist.
Die Höhe der Vergütung ist dabei ebenfalls in Abhängigkeit von Örtlichkeit und Nutzungsart mit dem Nutzer auszuhandeln.
4. Kündigungsmöglichkeiten
Gestattungsverträge sind in der Regel nicht ordentlich fristgemäß kündbar. Lediglich bei Vorliegen eines besonderen Grundes, bspw. bei der erheblichen Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung, kann eine Kündigung rechtmäßig sein und durch den Grundstückseigentümer erklärt werden.
5. Eintragung einer Grundschuld, Rückbau
Genauso üblich ist es auch, dass für die Nutzungsrechte auf dem Grundstück durch die Nutzerin eine Grunddienstbarkeit eingetragen wird. Diese Grunddienstbarkeit dient der Absicherung des Nutzers, um somit eine rechtssichere Nutzung insbesondere gegenüber der die Windanlage finanzierenden Bank zu gewährleisten, aber auch um sicherzustellen, dass nicht ohne Weiteres vertragliche Rechte durch Kaufvorgänge verloren gehen. Durch die Eintragung im Grundbuch ist für den Nutzer eine starke Rechtsposition gegeben, weshalb es zwingend erforderlich ist, an dieser Stelle genau zu prüfen, welchen inhaltlichen Umfang die bestellte Dienstbarkeit hat. Nachträgliche Änderungen sind nur schwer durchsetzbar. Zudem sollte eine Regelung angestrebt werden, die eine erleichterte Durchsetzung von Löschungsrechten beim Nutzungsende ermöglicht.
Parallel dazu muss der tatsächliche Rückbau der Wege rechtlich und auch finanziell abgesichert werden. Ansonsten wird der Grundstückseigentümer für den Fall, dass der Betreiber die Kosten des Rückbaus nicht erbringt, unter Umständen als Zustandsstörer auf seine Kosten mit dem Rückbau des Weges in Anspruch genommen. Dieses Risiko gilt es weitestgehend zu minimieren.
6. Rechtsnachfolge, Übertragung
Sowohl für den Grundstückseigentümer als auch für den Nutzer ist es wichtig, Regelungen zu treffen, welche für den Fall der Übertragung von Rechten aus dem Vertrag gelten sollen. So kann es passieren, dass das Grundstück übertragen/verkauft wird und dabei gesichert werden soll, dass der Käufer die vertraglichen Rechte mit übernimmt. In gewisser Weise ist bereits durch eine bestellte Grunddienstbarkeit eine Sicherung des Nutzers erfolgt.
Für den Grundstückseigentümer heißt es, sich ein Mitspracherecht zu sichern, um Übertragungsvorgänge zu kennen und damit stets klar zu wissen, welcher Vertragspartner ihm gegenüber sitzt. Durch häufig anzutreffende Verkaufsvorgänge ist schnell der Überblick zu verlieren, wer an sich der aktuelle Nutzer ist und gegen wen sich eventuelle Ansprüche richten.
7. Lageplan
Wir empfehlen, dass ein aussagekräftiger Lageplan zwingend zum Vertrag , gegebenenfalls als Anlage, hinzu kommen muss, um Unklarheiten bezüglich des geplanten Verlaufes weitestgehend auszuschließen. In der Regel wird die die Nutzung beabsichtigende Firma einen derartigen Lageplan vorlegen, wobei dieser häufig recht unkonkret ist und daher der Spezifizierung bedarf.
Entweder kurz vor Einreichung der Genehmigungsunterlagen, spätestens jedoch mit dem Vorliegen der Baugenehmigung für die Anlage werden sich die Eckdaten der Inanspruchnahme und des Verlaufs eines Weges tatsächlich konkretisiert haben. In diesem Fall ist der Lageplan anzupassen bzw. aus der Genehmigung zu übernehmen und wird somit Vertragsbestandteil.
8. anwaltliche Prüfung, Kostenübernahme
Aus unserer Sicht empfiehlt es sich in jedem Fall, sich fachlich versierten Rat bspw. eines auf derartige Vertragsprüfungen spezialisierten Anwaltes einzuholen. In der Regel werden die dabei entstehenden Kosten von der Gesellschaft, welche die Errichtung und Nutzung der Anlage/Zuwegung beabsichtigt, auch übernommen, sodass die rechtliche Prüfung den Grundstückseigentümer im Ergebnis kein Geld kosten würde. Dies ist aber in jedem Einzelfall abzustimmen.
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Die Anfrage zu Ihrer Rechtsangelegenheit ist kostenfrei. Im Weiteren klären wir dann persönlich das weitere Vorgehen. Möglicherweise übernimmt eine vorhandene Rechtsschutzversicherung die Kosten des anwaltlichen Tätigwerdens.
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Holger Spiegelberg
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrech
Kanzlei für Energierecht
Rostock