Repowering von Windkraftanlagen – Chance für die Neuverhandlung von Nutzungsverträgen /Pachtverträgen für WKA

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Für viele ältere Windanlagen endet in absehbarer Zeit deren Betrieb. Zum Einen sind die älteren Anlagen nur noch mit hohem finanziellen und technischem Aufwand zu betreiben. Zudem ist die Einspeiseleistung – gerade bei kleineren Anlagen –  im Vergleich mit den heutigen, modernen und großen Anlagen nicht mehr zeitgemäß.
Von daher werden derartige ältere Anlagen auch schon vor Ablauf der eigentlichen vertraglichen Nutzungszeit zunehmend durch neue, größere und leistungsstärkere Windenergieanlagen ersetzt. Dieses Verfahren nennt sich Repowering.

Mit der Stilllegung der Altanlage endet in der Regel auch die Laufzeit des zum Betrieb dieser Windanlage mit dem Grundstückseigentümer geschlossenen Nutzungsvertrages/Pachtvertrages. Damit auf dem Grundstück jedoch eine neue Anlage errichtet werden kann, muss dieser Nutzungsvertrag in der Regel entweder nachverhandelt oder vollständig neu abgeschlossen werden.
Dies bietet dem Grundstückseigentümer die Gelegenheit, in dem neuen Nutzungsvertrag/Pachtvertrag bessere Vertragsbedingungen und insbesondere eine womöglich bessere Vergütung auszuhandeln.
Diese Chance sollte sich der Grundstückseigentümer auf keinen Fall entgehen lassen. Die modernen, heutigen Anlagen mit Gesamthöhen von über 230 m und Leistungen von bis zu 5 MW erwirtschaften im Vergleich zu den Altanlagen ein Vielfaches der Umsätze.
Allerdings sollte der Blick nicht nur auf die Nutzungsentschädigung gerichtet werden. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von weiteren, ebenfalls sehr wichtigen Positionen, welche in den Verträgen zwingend ausgewogen zu vereinbaren sind.

Nachfolgend werden beispielhaft einige Positionen dargestellt, zu welchen Verhandlungen erfolgen müssen. Diese Aufzählung ist keineswegs abschließend. Sie variiert zudem im jeweiligen Einzelfall.

1. Vertragspartner

Sofern der Vertragspartner für den neuen Nutzungsvertrag/Pachtvertrag unverändert bleibt, gibt es nichts weiter zu beachten. Ändert sich jedoch im neuen Vertrag der Vertragspartner, so sollten Sie sich informieren, um was für eine Gesellschaft es sich dabei handelt. Kriterien dabei wären beispielsweise die Zusammensetzung der Gesellschafter, die Dauer des Bestehens der Firma, der Sitz der Gesellschaft, die finanzielle Ausstattung und die wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft in den vergangenen Jahren.

Wichtige Hinweise darauf, ob der Vertragspartner an einem vernünftigen Vertrag interessiert ist, liefern zum Beispiel die vertraglich vorgegebenen Zahlungsmodalitäten, die Fristen und das Verhalten bei Nebenabreden. Ist mein Vertragspartner bereit, für kleinere zusätzliche Aufwendungen die Kosten zu übernehmen, zahlt er möglicherweise eine Pauschale für die Abgabe von Erklärungen, gibt es ein Entgelt dafür, dass mit dem Bau nicht gleich begonnen wird, sondern vielleicht erst 2 oder 3 Jahre später, werden Entschädigungen für Nebenflächen geleistet, welche zur Errichtung der Anlage ebenfalls notwendig sind oder allgemein – wie ist die Kommunikation zu meinem Vertragspartner.

 

2. Nutzungsentgelte

Kernpunkt jedes Nutzungsvertrages ist die Entschädigungsregelung. Hier gibt es verschiedene Varianten, in welcher Art eine Vergütung für den Grundstückseigentümer erfolgt.

a)
In jedem Vertrag werden sich Regelungen zu einer Mindesteinspeisevergütung befinden. Diese Vergütung wird bspw. auch dann gezahlt, wenn die Windanlage WEA, aus welchen Gründen auch immer, stillstehen sollte.

Die Höhe der Mindestentschädigung richtet sich wieder nach der Höhe der Anlage und dem Anlagentyp, im Ergebnis somit nach der zu erwartenden Energieausbeute. Diesbezüglich haben die die Anlage errichtenden und planenden Firmen grundsätzlich einen Wissensvorsprung, da sie über Windprognosen verfügen und somit in etwa abschätzen können, welchen Ertrag eine Anlage erzielen wird.

b)
Daneben wird eine prozentuale Nutzungsentschädigung gezahlt. Diese richtet sich nach den Nettostromeinspeiseerlösen.

Hier ergeben Änderungen der prozentualen Vergütung aufgrund der langen Laufzeit der Nutzungsverträge / Pachtverträge oftmals enorme Summen. Ein Nachverhandeln ist also lohnenswert.

Einige Firmen bieten dem Grundstückseigentümer auch die Option an, anstelle der jährlichen Zahlungen einen einmaligen Ablösebetrag als Vorauszahlung der Nutzungsentschädigung für die Gesamtvertragslaufzeit zu erhalten. Auch diesbezüglich sind wieder verschiedene Rechnungsmodelle im Angebot, auch dort ergeben sich schnell erhebliche Differenzen zwischen einzelnen Angeboten.

Prüfen sollte man, inwieweit die angebotene Vergütung dem Marktüblichen entspricht. Sehr oft bieten Firmen verlockend hohe Vergütungen an, obwohl diese in der Praxis gar nicht erzielt werden können. Somit sollen Grundstückseigentümer schnell zu Vertragsschlüssen animiert werden. Im Nachgang finden dann jedoch Verhandlungen statt, bei denen die Betreiberfirma darauf verweist, dass ein wirtschaftlicher Betrieb der Anlage nur mit geringeren Vergütungen als den bislang vertraglich vereinbarten möglich ist. Somit muss dann im Nachgang die Vergütung noch angepasst werden.
3. Termine und Fristen

Der Vertrag muss konkret zeitliche Abläufe regeln. So ist bedeutsam, wann spätestens mit dem Bau der Anlage begonnen werden muss, wie lange der Vertrag insgesamt läuft und ob es Optionen zur Vertragsverlängerung gibt.

Darüber hinaus sind des weiteren konkrete Zahlungsfristen zu nennen. Die konkreten Zahlungsfristen sind Voraussetzung für  eine Vielzahl weiterer Rechte, insbesondere Kündigungsmöglichkeiten und die Möglichkeit, Verzugszinsen zu verlangen.
Auch hinsichtlich der Abrechnung der Einspeisevergütung sollten konkrete Regelung vorliegen, welche dem Grundstückseigentümer ermöglichen, in die Abrechnungsunterlagen des Betreibers der Anlage Einsicht zu nehmen. Nur so kann die Richtigkeit und Höhe der Vergütung exakt bestimmt werden.
4. Rückbau der Windenergieanlage

Erhebliche Bedeutung haben auch Regelungen zum Rückbau der Anlage. Der Rückbau der Anlage kann aufgrund des Auslaufens des Vertrages erforderlich werden, aber auch durch unvorhergesehene Ereignisse (z.B. irreparable Beschädigung durch Brand oder Wind, Unwirtschaftlichkeit). Der Vertrag muss daher explizit regeln, dass alles auf dem Grundstück Errichtete im Falle des Rückbaus zu beseitigen ist.
Wichtig ist auch, dass der Rückbau finanziell durch eine sogenannte Rückbaubürgschaft abgesichert wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich im Laufe der Jahre/Jahrzehnte die anfallenden Kosten für den Rückbau ändern können. Von daher sollten die Rückbaukosten bei Vertragsbeginn mit einer konkreten Summe definiert werden und sodann in zeitlichen Abständen eine Überprüfung und gegebenenfalls eine Anpassung der Rückbaukosten erfolgen.
5. Versicherung, Lagepläne

Zu beachten ist ebenso, dass für den Betrieb der Anlage Versicherungen mit ausreichenden Deckungssummen abzuschließen sind. Auch hier sollte sichergestellt sein, dass der Grundstückseigentümer diese beim Betreiber anfordern kann.
Aus dem Vertrag muss sich ebenso ergeben, in welcher Art und Weise das Grundstück durch die Windanlage und Nebenanlagen wie beispielsweise Kranstellfläche, Zuwegung und Transformatoren in Anspruch genommen wird und wo sich diese befinden. Daraus bestimmt sich der konkrete Nutzungsumfang und die möglichen Entschädigungen für Zuwegungen.
6. Wechsel des Vertragspartners

Während der Laufzeit des Vertrages kann es zu Änderungen des Vertragspartners kommen. Dabei gibt es 2 grundsätzliche Möglichkeiten.
Eine Möglichkeit ist, dass sich der im Vertrag genannte Vertragspartner ändert (Firma B statt Firma A).

Denkbar ist darüber hinaus aber auch, dass der Vertragspartner als Firma unverändert  bestehen bleibt, aber der Gesellschafter bzw. die Gesellschafter dieser Firma sich ändern. Man spricht dann von einem sogenannten Share Deal, bei welchem nur Gesellschafteranteile übertragen werden, die Gesellschaft an sich jedoch bestehen bleibt.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang für den Grundstückseigentümer, dass er auf Grundlage von vertraglichen Regelungen von diesen Übertragungen in Kenntnis gesetzt wird, gegebenenfalls seine Zustimmung erteilen muss und weiß, wer sein neuer Vertragspartner ist bzw. welche Gesellschafter dahinter stehen.

Die Verhandlungen zu diesem Punkt sind in der Regel zäh, da die Gesellschaften an dieser Stelle grundsätzlich nicht so gerne eine Einbeziehung des Grundstückseigentümers bei derartigen Änderungen der Gesellschaft sehen. Dennoch sollte dieser Punkt berücksichtigt werden, da die Leistungsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft des ggf. neuen Vertragspartners für den Grundstückseigentümer eine erhebliche Bedeutung haben.
7. Resümee

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die Verträge zu jedem einzelnen Punkt einer genauen Prüfung unterzogen werden müssen. Auf den ersten Blick bergen die Verträge zunächst mehr Chancen als Risiken. Die Risiken zeigen sich jedoch erst dann, wenn die Anlage stillsteht, nicht funktioniert bzw. wenn sie abgebaut werden muss oder wenn Zahlungen ausbleiben.

Es können durch den Betrieb der WKA unter Umständen große Schadenspositionen auftreten, welche es vertraglich auszuschließen bzw. abzusichern gilt.

Es ist daher durchaus empfehlenswert und auch gut angelegtes Geld, einen Fachmann mit der Überprüfung der Verträge zu beauftragen. In der Regel übernehmen die Windkraftfirmen die Kosten, welche dem Grundstückseigentümer durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Prüfung des Vertrages und zur unterschriftsreifen Verhandlung entstehen, zu 100 %.

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Holger Spiegelberg
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank– und Kapitalmarktrecht
Energierecht

Rostock

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