Die Rückforderung von Ausschüttungen durch die Insolvenzverwalter ist für viele Anleger in Schiffsfonds ein sehr undankbares Erlebnis. Aber ist die Rückforderung stets gerechtfertigt ? Wir meinen – Nein.
1. steuerliche Verlustzuweisung am Anfang
Die Ausgangslage ist bei vielen Schiffsfonds relativ gut vergleichbar. Konzeptionell angelegt ist, dass im Anfangsjahr eine steuerliche Verlustzuweisung erfolgt, welche die Anleger im Rahmen ihrer Steuererklärung einkommensmindernd berücksichtigen können. In diesem ersten Jahr ist jedoch in der Regel kein Schiffsbetrieb erfolgt, sodass Mangels Einnahmen aus Vercharterung häufig auch keine handelsrechtlichen Gewinne erzielt werden.
Nach dem Vortrag der Insolvenzverwalter werden diese steuerlichen Verluste aber dem Kapitalkonto zugewiesen, welches dadurch stark negativ wird und es in der Regel auch bis zum Ende bleibt. Seitens der Insolvenzverwalter und auch von vielen Gerichten wird an dieser Stelle argumentiert, dass auch diese steuerliche Verlustzuweisung de facto eine Einlagenrückgewähr sei.
Dies ist aus unserer Sicht jedoch unzutreffend, da diese steuerliche Verlustzuweisung in keiner Weise Liquiditätswirksam ist und auch das Haftungskapital der Gesellschaft unberührt lässt. Überdies ist das Haftungskapital ohnehin in den Erwerb des Schiffes geflossen, welcher als Sachwert in der Aktivseite der Bilanz geführt wird.
2. Gewinne aus dem Handelsgeschäft erzielt
In den Folgejahren ist in den Schiffsfonds häufig aus dem jährlich Handelsgeschäft – mindestens bis 2008 – tatsächlich ein Gewinn erzielt worden, welcher durch Beschluss der Gesellschafterversammlung dann auch an die Anleger ausgeschüttet wurde.
Dennoch argumentieren Insolvenzverwalter und dem folgend ohne weitere Prüfung auch die Oberlandes und -Landgerichte, dass zu diesem Zeitpunkt das Kapitalkonto aufgrund der steuerlichen Verlustzuweisung negativ ist und aus diesem Grund die Ausschüttung nicht hätte erfolgen dürfen und haftungsschädlich sei. Dies ist letztendlich die Grundlage für die Zuerkennung des Anspruchs auf Rückzahlung der Ausschüttungen.
Dies ist aber so nicht uneingeschränkt richtig.
3. Urteil des BGH zu Kapitalkonto
AIn einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom22. März 2011, Aktenzeichen II ZR 271/08 hatte sich das Gericht mit einer sehr ähnlich gelagerten Problematik bereits befasst. Auch dort war im Anfangsjahr eine steuerliche Verlustzuweisung erfolgt und in den Nachfolgejahren wurden tatsächlich handelsrechtliche Gewinne erzielt, welche für Ausschüttungszwecke genutzt wurden.
Nach Darstellung des BGH ist das Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB in dreifacher Hinsicht begrenzt, nämlich durch
– die Haftsumme,
– die Höhe des ausgezahlten Betrages und
– durch das Ausmaß der dadurch gegebenenfalls entstehenden Haftsummenunterdeckung.
Die Haftung nach § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB soll aber nur gewährleisten, dass die Haftsumme im Gesellschaftsvermögen gedeckt ist, auf mehr können die Gläubiger nicht vertrauen, vgl. BGH Urteil vom 12. Juli 1982, II ZR 201/81.
Im zu entscheidenden Fall waren – wie dargestellt – aus den Handelsbilanzen tatsächlich erwirtschaftete Gewinne ersichtlich. Der schriftliche Hinweis des Insolvenzverwalters auf die steuerlichen Anlaufverluste, welche zu der prospektierten Minderung der Steuerlast bei den Treugebern führen sollte, reicht dazu schon deshalb nicht, weil sich die Verluste aus der für die Kapitalkostenerhöhung maßgeblichen Handelsbilanz nicht ergaben.
Somit ist nach unserer Auffassung die steuerliche Verlustzuweisung am Anfang der Beteiligungszeit für die Ermittlung einer haftungsschädlichen Ausschüttung letztlich irrelevant.
Die Insolvenzverwalter tragen, von den Gerichten dabei nicht gehindert, in der Regel nicht zu der Entwicklung der Kapitalkonten vor, was unserer Auffassung bereits im Hinblick auf schlüssiges Vorbringen im Rahmen von § 172 Abs. 4 HGB bedenklich ist. Von daher erachten wir es als erfolgversprechend, die Entwicklung des Kapitalkontos unter Beifügung der die Ausschüttungen rechtfertigenden Überschüsse in den Handelsbilanzen vorzutragen.
Danach dürfte sich in der Regel ergeben, dass die Ansprüche des Insolvenzverwalters zurückzuweisen sind.
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Holger Spiegelberg Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Rostock