Schiffsfonds MPC SANTA-R-Schiffe – Darf der Insolvenzverwalter die Ausschüttungen zurückfordern? Ist Verjährung gegeben?

0

Die nachfolgenden Ausführungen gelten grundsätzlich für Schiffsfonds im allgemeinen und nicht nur für den Fonds “Santa R”

Das Amtsgericht Niebüll (Beschluss vom 07.05.2014 – 5 IN 104/13) hat über das Vermögen der Beteiligungsgesellschaft MS „SANTA-R Schiffe“ mbh & Co. KG das Insolvenzverfahren eröffnet und Herrn Rechtsanwalt Dr. Hagen Frhr. von Diepenbroick (Rechtsanwälte Münzel Böhm, Hamburg) zum Insolvenzverwalter ernannt.

Nunmehr fordert der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 03.01.2018 von Anlegern die Ausschüttungen  aus den Jahren 2003 – 2008 zurück.   Somit droht den Anlegern nicht nur der Verlust ihrer Anteile, sondern auch noch die Rückzahlung erhaltener Ausschüttungen. Die Zahlungen an den Insolvenzverwalter sollen die Anleger bis zum 24.01.2018 leisten.

Allerdings sollte nach unserer Auffassung geprüft werden, ob der Anspruch des Insolvenzverwalters tatsächlich besteht. Letztendlich dürfen Ausschüttungen nur in der Höhe zurückgefordert werden, wie offene Forderungen von Gläubigern bestehen.
Eine ungeprüfte Zahlung können wir aus dem Grunde nicht empfehlen, da die Gesellschaft in 3 Kalenderjahren gute Gewinne erzielt hat, welche die Ausschüttungen tatsächlich rechtfertigten.

Nachfolgend geben wir Ihnen einige Erläuterungen zu der Gesamtangelegenheit:

  1. Haftungsprivileg des Kommanditisten

 Die Kommanditisten sind von einer Außenhaftung (ggü. Gläubigern der Gesellschaft wie zum Beispiel Banken) frei, wenn

  • sie als solche im Handelsregister eingetragen sind,
  • sie ihre Kommanditeinlage vollständig und wirksam erbracht haben und
  • ihnen die Kommanditeinlage auch nicht zurückgezahlt wurde.

Nur wenn diese 3 Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, greift diese Haftungsprivilegierung.

  1. Haftung vor Einlageleistung

Der Kommanditist haftet grundsätzlich persönlich und unmittelbar, nach § 173 HGB auch für die vor seinen Eintritt begründeten Verbindlichkeiten.  Die Haftung ist nach außen hin beschränkt bis zur Höhe der im Gesellschaftsvertrag und in das Handelsregister eingetragenen Kapitaleinlage.

Diese Haftung ist ausgeschlossen, wenn der Kommanditist die Einlage wirksam geleistet hat.

Änderungen des Haftungskapitals gelten erst ab Eintragung ins Handelsregister. Ist der neu eingetretene Kommanditist noch nicht in das Handelsregister eingetragen, so haftet er wie ein Vollhafter (§ 176 Abs. 1  HGB).

Eine Haftung, die über die Kommanditeilage hinausgeht, ist ausgeschlossen.

  1. Haftung bei Rückzahlung der Einlage

Wird dem Kommanditisten die Einlage ganz oder teilweise zurückerstattet , lebt seine Haftung nach § 172 Abs.  4 HGB wieder auf. Dies gilt vor allem bei unberechtigten Gewinnentnahmen bzw. nicht gewinngedeckten Auszahlungen.

Dabei ist die Feststellung, ob  tatsächlich eine Ausschüttung aus Gewinnen der Gesellschaft oder eine Ausschüttung aus dem Gesellschaftsvermögen erfolgte und somit eine Rückgewähr der Einlage vorliegt, im Einzelfall häufig schwierig..
Dies lässt sich nur anhand der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung der betroffenen Jahre ermitteln.

 

  1. Müssen die Anleger die Ausschüttungen zurückzahlen?

Keineswegs sollten sich die Anleger durch das Schreiben des Insolvenzverwalters verunsichern lassen. Vielmehr ist in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen, mit welcher Wahrscheinlichkeit im Streitfall der Insolvenzverwalter seinen Anspruch durchsetzen kann.

a) Gesellschaftsvertrag: gewinnunabhängige Ausschüttungen geregelt ?

Es ist zu prüfen, ob der Gesellschaftsvertrag gewinnunabhängige Ausschüttungen vorsieht.Der Bundesgerichtshof hat in zwei Entscheidungen deutlich gemacht, dass ohne eine ausdrückliche Abrede im Gesellschaftsvertrag der Kommanditist (der Anleger) keinen Anspruch auf eine gewinnunabhängige Ausschüttung hat. In den Gesellschaftsverträgen finden sich jedoch häufig Regelungen, dass Ausschüttungen erfolgen, auch ohne dass die Gesellschaft ein Gewinn erzielt hat.

In einigen dieser Gesellschaftsverträge ist bspw. geregelt, dass solche Ausschüttungen unter bestimmten Voraussetzungen als Darlehen zu bewerten sind, welche jederzeit gekündigt und zurückverlangt werden können. Der BGH, Az II ZR 73/11, hat diesbezüglich festgestellt, dass für die Wirksamkeit derartiger Regelungen erforderlich ist, dass diese so klar gefasst sind, dass der Anleger mit einer hinreichenden Bestimmtheit erkennen kann, welche Zahlungen im Einzelfall als Darlehen gewährt werden und welche nicht. Die Rechtsunsicherheit, welche aufgrund unklarer Formulierungen in den Gesellschaftsverträgen erfolgt, geht nicht zu Lasten des Anlegers.
Von daher muss überprüft werden, ob die Regelung im Gesellschaftsvertrag unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des BGH klar genug ist und einen Rückforderungsanspruch der Gesellschaft begründet.


b) Unterschied Pflichteinlage – Hafteinlage

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Pflichteinlage und Hafteinlage, da diese der Insolvenzverwalter bei der Rückforderung nicht beachtet.

Die Pflichteinlage bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag.

Die Hafteinlage (auch: Haftsumme) ist der im Handelsregister eingetragene Betrag, der die Haftung nach außen begrenzt.

Beispiel: Sie erwerben eine Kommanditbeteiligung im Wert von 30.000 € und zahlen 30.000 € ein. Nach dem Gesellschaftsvertrag sind 30.000 € Ihre Pflichteinlage, aber die Hafteinlage ist auf 40 % begrenzt. Somit haften Sie nur für 12.000 €.

 

c) Gewinne erzielt = keine Rückzahlungspflicht

Die Gesellschaft hat ausweislich des Schreibens des Insolvenzverwalters zumindest in den Jahren 2003, 2004 und 2005 Gewinne erzielt. Danach besteht für diese Jahre grundsätzlich  keine Rückzahlungsverpflichtung.

 Sofern die Anleger keine Geschäftsberichte mit Bilanzen erhalten haben, sollte man vorsorglich die vom Insolvenzverwalter dargestellten Jahresergebnisse (Gewinne / Verluste) bestreiten; insbesondere in Abrede stellen, dass die Anleger über den gesamten Zeitraum keine ausreichenden handelsbilanziellen Gewinne erzielt haben.

Wichtig ist zudem ein nachvollziehbares Kapitalkonto des Kommanditisten, welches vom Insolvenzverwalter angefordert werden sollte.


d) Befriedigung der Gläubiger – Insolvenzverwalter muss Notwendigkeit der Rückzahlung belegen

 Weiterhin darf der Insolvenzverwalter nur Ausschüttungen zurückverlangen, soweit diese zur Befriedigung der Gläubiger benötigt werden. Es sollte daher zunächst bestritten werden, dass die im Insolvenzverfahren vorhandene (Vermögens-)Masse nicht ausreicht, um die Insolvenzgläubiger zu befriedigen.

Letztlich ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, darzustellen, welche Einnahmen er insbesondere durch Zahlungen von Kommanditisten bereits erhalten hat und dass diese uneingeschränkt für die Insolvenzgläubiger verwendet werden können.


e) Insolvenztabelle sehr häufig falsch

Nach einem Urteil des BGH vom Februar 2018 ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, eine Insolvenztabelle vorzulegen, um den Nachweis der noch zu begleichen Insolvenzforderungen zu führen. Absatz nach unserer Erfahrung und nach vielen mittlerweile ergangenen Urteilen sind die von den Insolvenzverwaltern vorgelegten Tabellen falsch, veraltet bzw. an den entscheidenden Positionen nicht aussagekräftig. Absatz grundsätzlich dürfen nur Insolvenzforderungen nach § 38 Insolvenzordnung für die Haftung der Kommanditisten berücksichtigt werden. Zudem muss der Rechtsgrund der angemeldeten Forderung angegeben werden und die Tabelle muss zudem durch das Insolvenzgericht in irgendeiner Weise bestätigt worden sein. Dies ist nur eine Auswahl der möglichen Fehler der Insolvenztabelle. Von daher muss großes Augenmerk auf die Richtigkeit der Tabelle bei der Prüfung, ob eine Zahlung tatsächlich erfolgen muss, gelegt werden.

 

f) Gutgläubigkeit = keine Rückzahlungspflicht

Die Rückzahlungspflicht könnte des Weiteren nach § 172 Abs. 5 HGB entfallen. Danach hat der Anleger die Gewinnausschüttung im guten Glauben erhalten, er müsste also angenommen haben, zum Bezug der Ausschüttungen berechtigt zu sein, obwohl diese angesichts der Verluste zur Auffüllung der Stammeinlage hätten verwendet werden müssen. Es kommt dabei darauf an, wie die Bilanz und das Bestehen des Gewinnanspruchs den Anlegern erläutert wurden.


g) Verjährung

Vorsorglich sollte die Einrede der Verjährung erhoben werden.Das Insolvenzverfahren wurde bereits im Jahre 2014 eröffnet. Grundsätzlich verjähren Ansprüche drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist.
Mit der Insolvenzverfahrenseröffnung im Jahre 2014 beginnt die Verjährung somit am 1.1.2015 zu laufen und endet an sich am 31.12.2017. Damit ist nach unserer Auffassung und dem jetzigen Kenntnisstand die Forderung des Insolvenzverwalters verjährt.

Sofern sich die Verjährung aber nach § 159 HBG richtet, beträgt sie 5 Jahre.

  1. Fazit

Ich empfehle, vor Fristablauf dem Insolvenzverwalter schriftlich die bestehenden Einwendungen (Gewinnerzielung, Gläubigerbefriedigung, Gutgläubigkeit, Verjährung) vorzutragen und eine Frist zur Stellungnahme von 2 Wochen (genaues Datum) zu setzen.

Eine vollständige Prüfung der Rechtslage ist hier nicht möglich und ersetzt daher eine anwaltliche Beratung nicht.

Sofern der Insolvenzverwalter auf die Zahlung besteht und eine gerichtliche Geltendmachung androht, empfehle ich jedem Anleger die Zahlungsforderung des Insolvenzverwalters durch einen spezialisierten Rechtsanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht prüfen zu lassen. Nach der ausführlichen Beratung (Prüfung der Erfolgsaussichten, Abwägung des Kostenrisikos) kann der Anleger entscheiden, ob er gegen die Insolvenzanfechtung vorgehen will.

  1. unser Angebot – Kostenfreie Ersteinschätzung

Ob Ausschüttungen zu Recht oder zu Unrecht zurückverlangt werden, bedarf einer fachgerechten Prüfung. Wir können diese für Sie im Rahmen einer kostenfreien Ersteinschätzung vornehmen. Übersenden Sie uns dazu bitte folgende Unterlagen:

–  Zeichnungsschein
–  Gesellschaftsvertrag
–  Aufforderungsschreiben des Insolvenzverwalters
–  Jahresberichte mit Bilanz und GUV (sofern vorhanden)

Die Einschätzung ist rechtlich unverbindlich. Das weitere Vorgehen erfolgt nach Absprache.

Dabei werden wir dann ebenso die für die anwaltliche Tätigkeit entstehenden Kosten besprechen.

—————————————————————–

Haben Sie Fragen?
Dann rufen Sie uns an, bzw. schicken Sie uns eine E-Mail, gegebenenfalls mit den entsprechenden Unterlagen.

Telefon: 0381 / 440 777 0
E-Mail: info@ra-spiegelberg.de

Holger Spiegelberg
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rostock

Haben Sie Fragen?


  • Dann nutzen Sie unser Anfrageformular für eine erste, kostenlose Anfrage zu Ihrer Rechtsangelegenheit.

  • Die Anfrage zu Ihrer Rechtsangelegenheit ist kostenfrei. Im Weiteren klären wir dann persönlich das weitere Vorgehen. Möglicherweise übernimmt eine vorhandene Rechtsschutzversicherung die Kosten des anwaltlichen Tätigwerdens.

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Zustimmen