Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften

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Viele Verträge werden heutzutage zu Hause bzw. in einer Haustürsituation abgeschlossen. Diese Situationen sind oft mit einer „Überrumpelung“ verbunden. Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber bereits seit 1986 die Möglichkeit eröffnet, in diesen Situationen abgegebene Erklärungen widerrufen zu können.

1. Rechtsgrundlagen § 312 BGB, § 312 d BGB

Das Haustür-Widerrufsgesetz war ursprünglich für derartige Fälle geschaffen worden. Es gilt für alle im Zeitraum von 1986 bis 2001 abgeschlossenen Verträge.
Im Jahre 2002 wurde dann der aktuelle § 312 in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eingefügt. Es ist auf alle nach dem 01.08.2002 abgeschlossenen Haustürgeschäfte anwendbar.

Eine weitere Rechtsgrundlage für Widerruf ist der § 312 d BGB. Unter dieser Norm werden die Widerrufs- und Rückgaberechte bei Fernabsatzverträgen geregelt. Fernabsatz bedeutet dabei in erster Linie alle per Telefon oder per Internet geschlossene Verträge.

2. Wann liegt ein Haustürgeschäft vor?

Die Definition des § 312 Abs. 1 BGB sieht ein Widerrufsrecht dann vor, wenn der Kunde eine auf den Abschluss eines entgeltlichen Vertrages gerichtete Willenserklärung abgegeben hat, zu der er durch mündliche Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich seiner Privatwohnung, anlässlich einer Freizeitveranstaltung oder im Anschluss an ein überraschendes Ansprechen in Verkehrsmitteln oder im Bereich öffentlich zugänglicher Verkehrswege bestimmt worden ist. Danach sind einige Voraussetzungen zu definieren:

a) entgeldlicher Vertrag
Es muss zunächst ein entgeldlicher Vertrag abgeschlossen worden sein. Unter dieses Merkmal fallen alle gegenseitigen Verträge, vor allem Kaufverträge, aber auch Darlehensverträge sowie Schuldmit-nahmen und Bürgschaften. Unter Umständen kann auch ein Beitritt zu einer Genossenschaft ein entgeldlicher Vertrag sein, so dass auch dort Widerrufsregeln anwendbar wären.

b) Überrumpelungsorte
Dieses Merkmal knüpft eine rechtserhebliche Überrumpelung an bestimmte Orte der Verhandlung. Dies sind insbesondere der Arbeitsplatz oder die Privatwohnung.
Arbeitsplatz ist dabei jeder Ort im Betriebsgebäude oder auf dem Betriebsgelände, in welchem der Verbraucher beschäftigt ist.
Mit dem Bereich Privatwohnung wird der gesamte räumliche Wohnbereich erfasst. Er erstreckt sich allerdings auch auf Nebengelasse wie Garten, private Parkplätze oder auch Hausflur. Bei der Privatwohnung muss es sich nicht zwingend um die des Verbrauchers selbst handeln, es kann auch die Wohnung eines Dritten oder des Vertragspartners sein, welche der Verbraucher aus privatem Anlass aufsucht.
Eine Freizeitveranstaltung liegt vor, wenn Freizeit und das Verkaufsangebot in der Art und Weise mit-einander verwoben sind, dass der Kunde in eine unbeschwerte Freizeitstimmung versetzt wird und sich aus diesem Grunde dem auf Vertragsschluss ausgerichteten Angebot kaum entziehen kann, sei es aufgrund örtlicher und zeitlicher Gegebenheit (sogenannte Kaffeefahrten). Dabei muss das Freizeiterlebnis bei der Anpreisung grundsätzlich im Vordergrund stehen. Sofern zuvor eine eindeutige Ankündigung erfolgt, dass es sich bei einer Tagesausflugsfahrt um eine Verkaufsveranstaltung handelt, kann unter Umständen nicht von Freizeitveranstaltung im Sinne des Widerrufsrechtes gesprochen werden.
Eine Vertragsanbahnung in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Verkehrsflächen umfasst grundsätzlich alle Arten von Transportmitteln, welche dem Mehrpersonenverkehr dienen, wie beispielsweise Straßenbahn, Busse, Schiffe etc.
Verkehrsflächen müssen allgemein zugänglich sein. Darunter fallen alle Straßenwege, Parks, Bahnhöfe etc.
Das Ansprechen muss auch vom Unternehmer selbst ausgehen und in einer Situation stattfinden, dass der Verbraucher damit nicht rechnen musste.

c) mündliche Verhandlung
Unter einer mündlichen Verhandlung ist jedes werbemäßige Ansprechen sowie jede vom Unternehmer begonnene Kontaktaufnahme an einem der Überrumpelungsorte zu verstehen. Ziel ist dabei, den Verbraucher zum Vertragsschluss zu bewegen.
Ausreichend dafür ist, dass bei einem Gespräch am Arbeitsplatz oder im Privatbereich lediglich der Besuch des Kunden in den Geschäftsräumen des Unternehmers vorbereitet und verabredet wird und auch der Geschäftsabschluss erst dort erfolgt.
Telefonische Kontaktaufnahmen ohne nachfolgenden Hausbesuch fallen nicht in den Anwendungsbe-reich des Gesetzes.

d) Zusammenhang zwischen mündlicher Verhandlung und Vertragsschluss
Die Anwendung der Haustürwiderrufsrechte verlangt, dass der Vertragsschluss als Folge der mündlichen Verhandlung am Überrumpelungsort zustande gekommen ist. Dabei muss der Vertrag selbst nicht in einer Haustürsituation zustande gekommen sein. Es reicht aus, dass der Verbraucher zu der Vertragserklärung in einer Haustürsituation bestimmt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn der Vertrag später in den Geschäftsräumen bspw. der Bank abgeschlossen worden ist. Wichtig ist dabei, dass der Überrumpelungsmoment noch fortwirkt und auch unter mehreren Beweggründen für den Vertragsschluss ursächlich wird.
Nur allein die Feststellung, dass eine Vertragserklärung in der Privatwohnung abgegeben wurde, führt für sich allein noch nicht zur Annahme einer Haustürsituation.
Weiterhin ist ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung und der Abgabe der zum vertragsschluss führenden Erklärung von Nöten.

3. Inhalt der Widerrufsbelehrung

Der Verbraucher ist über sein Widerrufsrecht zu belehren. Dies geschieht in der Regel mit einer gesondert zu unterschreibenden Widerrufsbelehrung.
An diese Widerrufsbelehrung sind strenge inhaltliche Anforderungen zu stellen. Die Widerrufsbelehrung muss folgende Anforderungen erfüllen:
a) drucktechnisch deutlich gestaltete schriftliche Belehrung über das Recht zum Widerruf
b) Name und Anschrift des Widerrufsempfängers
c) Beginn und Dauer der Widerrufsfrist
d) Aushändigung der Widerrufsbelehrung zur rechtzeitigen Ausübung eines Widerrufsrechtes.

Die Belehrung muss den Verbraucher umfassend, richtig und unzweideutig über sein Widerrufsrecht informieren. Der Verbraucher soll letztlich nicht nur informiert werden, er soll auch in die Lage versetzt werden, sein Widerrufsrecht auch tatsächlich auszuüben.

Viele Widerrufsbelehrungen scheitern an diesen Hürden. Zum einen sind sie drucktechnisch nicht derart deutlich hervorgehoben, dass sie vom übrigen Vertragstext zu unterscheiden sind. Eine derartige Gestaltung widerspricht dem sogenannten Deutlichkeitsgebot.
Oft ist auch die Feststellung, wann die Widerrufsfrist zu laufen beginnt, nicht eindeutig möglich.
Es muss klar sein, ob die Frist mit Unterzeichnung des Kunden, mit der Gegenzeichnung durch den Unternehmer oder mit der Aushändigung der Belehrung an sich zu laufen beginnt.

Erfüllt eine Widerrufsbelehrung diese Anforderungen nicht, ist sie unwirksam. Zu den Folgen einer unwirksamen Widerrufsbelehrung siehe unten (7.).

Die Widerrufsbelehrung darf zudem keine Zusätze enthalten, welche weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und von dieser ablenken können. Dies ist eine Frage des einzelnen Falles. Grundsätzlich unbedenklich sind lediglich Rechtsfolgenbelehrungen, welche zum Teil sogar vorgeschrieben sind.

4. Widerruf der Vertragserklärung

Die Widerrufserklärung muss keine gesonderte oder spezielle Formulierung enthalten. Es muss lediglich deutlich werden, dass der Verbraucher nicht mehr an seine Erklärung bei Vertragsschluss gebunden sein und diese somit vernichten will. Die Verwendung des Wortes Widerruf ist nicht notwendig, wenn sich dieser Wille aus dem Schreiben insgesamt jedoch ergibt.

5. Ausschluss des Widerrufsrechtes, vorangegangene Bestellung

Ein Widerrufsrecht kann aber ausgeschlossen sein. Das wäre dann der Fall, wenn der Besuch des Unternehmers auf eine vorangegangene Bestellung des Verbrauchers hin erfolgt ist. In diesem Fall ist die mit dem Gesetz beabsichtigte Korrektur einer Überrumpelungssituation nicht erforderlich. Der Verbraucher hat mit seiner Bestellung selbst die Haustürsituation herbeigeführt und bedarf daher keines Schutzes.
Allerdings ist eine vorangehende Bestellung nicht gegeben, wenn diese nur zur allgemeinen Informationserteilung über bestimmte Waren und Dienstleistungen erfolgte. Es bedarf vielmehr einer Bestellung zu konkreten Vertragsverhandlungen über bestimmte Leistungen.

Für ein bloßes Informationsbedürfnis des Verbrauchers kann sprechen, wenn zwischen den Vertragsparteien bislang keinerlei Verbindung bestanden hat und wenn der finanzielle Umfang des Geschäftes eine erhebliche Bedeutung bzw. Verbindlichkeit (Leistungsschuld) für den Verbraucher mit sich bringt.

6. Verlust des Widerrufsrechtes

Das Widerrufsrecht erlischt grundsätzlich nicht, auch nicht im Falle einer unterbliebenen Belehrung über das Widerrufsrecht.
Das bedeutet, dass bei laufenden Verträgen unter Umständen auch noch nach Jahren das Widerrufsrecht wirksam ausgeübt werden kann und der Vertrag somit vernichtet wird. Die beiderseits erbrachten Leistungen sind dann zurückzugewähren.

Ein Widerrufsrecht ist aber dann ausgeschlossen, wenn trotz fehlender Widerrufsbelehrung die vertraglichen Leistungen beiderseits vollständig erfüllt sind.

7. Rechtsfolgen einer falschen Widerrufsbelehrung

Rechtsfolge einer falschen Widerrufsbelehrung, die den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht, ist, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht unter Umständen auch noch nach Jahren ausüben kann.

8. verbundene Geschäfte

Von einem verbundenen Geschäft spricht man dann, wenn 2 oder mehr Geschäfte so untrennbar miteinander verbunden sind, dass das eine Geschäft nicht ohne das andere zustande gekommen wäre und auch nicht ohne das andere weiterbestehen kann.
Ein Beispiel dafür ist der Kauf eines Fernsehgerätes, welcher durch ein monatlich abzuzahlenden Kredit finanziert wird. Es liegen zwei Verträge vor. Der eine Vertrag ist der Kauf des Fernsehgerätes; der zweite Vertrag ist die Finanzierung mit einer Bank.
Sofern der Verbraucher einen Vertrag widerruft, so werden damit im Ergebnis beide Verträge vernichtet. Der Verbraucher ist an keinen Vertrag mehr gebunden. Das Vertragsverhältnis ist jedoch rückabzuwickeln, d.h. der Verbraucher muss das Fernsehgerät zurückgeben und sich ggf. die Nutzung anrechnen lassen. Im Gegenzug dazu muss ihm die Bank die bislang gezahlten Raten erstatten.

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