Verwirkung des Widerspruchsrechts bei Lebensversicherungen – reicht dazu die Abtretung der Lebensversicherung als Sicherheit aus?

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Die Versicherungsunternehmen wehren sich heftig gegen Widersprüche ehemaliger Versicherungskunden, welche ihre Versicherungspolicen gekündigt, dem Vertragsschluss widersprochen oder den Rücktritt vom Vertrag erklärt haben und nun die eingezahlten Beiträge nebst Verzinsung zurückverlangen..

Steht fest, dass die Widerspruchsbelehrung fehlerhaft ist und ein Widerspruch daher möglich, können sich die Versicherungsunternehmen im Grunde genommen nur noch damit zur Wehr setzen, dass sie vortragen, dass Widerspruchsrecht des Versicherungskunden sei verwirkt.

Verwirkung ist ein Rechtseinwand aus dem Grundsatz des Treu und Glauben, in § 242 BGB verankert.

Eine Verwirkung wird dann angenommen, wenn es insbesondere ein Zeitmoment sowie ein Umstandsmoment gibt, aufgrund dessen das Versicherungsunternehmen nicht mehr damit rechnen musste, dass ein solcher Widerspruch vom Kunden erklärt wird.

In der Rechtsprechung des BGH relativ klar ist, dass es eine zeitliche Schranke dafür nicht gibt. Allerdings nimmt mit zunehmender (langer) Zeit die Intensität der Umstände ab, aus welchen die Versicherung das Nichtausüben eines Widerspruchs ableiten kann.

Ein Einwand der Versicherer ist bei den Umständen, dass der Versicherungsnehmer die Versicherung zur Sicherheit bspw. bei der Vergabe eines Darlehens abgetreten habe.

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 1. Juni 2016, Aktenzeichen IV ZR 482/14, ist alleine der Einsatz einer Lebensversicherung als Kreditsicherungsmittel als nicht besonders gravierender Umstand zu werten, welcher zu einer Verwirkung der Ansprüche führt. Der Einsatz der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Sicherung der Rechte eines Dritten aus einem Darlehensvertrag lässt keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass der Versicherungsnehmer in Kenntnis seines Lösungsrechts vom Vertrag an diesem festgehalten und von seinem Recht kein Gebrauch gemacht hätte.

Allerdings betont auch der BGH, dass es auf den Einzelfall ankäme, der vom jeweiligen Tatrichter zu werten sei. Das bedeutet, dass neben der Abtretung allein noch weitere Umstände vorliegen müssen, damit zugunsten der Versicherung von einer Verwirkung ausgegangen werden kann. A

Das OLG München hat in einem Urteil vom 23. November 2017, Aktenzeichen 25 U2 1700/17 bspw. festgestellt, dass bei einer Lebensversicherung, bei der die Höhe der Todesfallleistung lediglich auf den eingezahlten Beiträgen beruhte, für Annahme der Verwirkung nicht reicht. Immerhin sei bei der Übertragung der Versicherung diese quasi wertlos und werde erst im Laufe der Zeit mit zunehmenden Einzahlungen wertvoller.
Anders dagegen sieht es aus, wenn eine Versicherung nicht nur für einen Darlehensvertrag, sondern mehrfach (nacheinander) abgetreten wird, siehe BGH, Urteil vom 1. Juni 2016, IV ZR 482/14.

In einem Beschluss vom 27. Januar 2016, Aktenzeichen IV ZR 130/15 hat der BGH daher eine Treuwidrigkeit des Widerspruchs bejaht, da neben der Abtretung der Lebensversicherung auch die Todesfallleistung, welche unabhängig von der Höhe der Einzahlung garantiert war, abgetreten worden war.

Auch die Zahlung der vertraglich vereinbarten Raten, die Entgegennahme der Versicherungsleistung oder die Abänderung des Bezugsrechts stellen als vertraglich geschuldete Leistung oder vertraglich eingeräumte Optionen selbst keine derartig gravierenden Umstände dar, aus welchen die Versicherung schließen darf, der Vertrag soll endgültig durchgeführt werden.

Es ist damit in jedem Einzelfall und so auch bei der Verwendung der Lebensversicherung zur Sicherung eines Darlehens genau zu prüfen, ob die jeweiligen Umstände für den Versicherer unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung ausgearbeiteten Fallgestaltungen den Eindruck erweckt haben, der Versicherungsvertrag sollte bestehen bleiben.

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Holger Spiegelberg,
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Rostock

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