Bundesgerichtshof: Widerrufsjoker greift auch bei Lebensversicherungen

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In einer Serie von Urteilen entschied der Bundesgerichtshof erneut zu Gunsten von Verbrauchern und stärkte das Widerrufsrecht. Unter den Aktenzeichen IV ZR 76/11, Aktenzeichen IV ZR 384/14, Aktenzeichen IV ZR 448/14 bestimmte die 4. Kammer des BGH, dass auch Verträge über Lebensversicherungen mit fehlerhaften Widerrufsbelehrungen noch Jahre später rückabgewickelt werden können.
Besonders bei einer eher schlechten Entwicklung der Finanzanlage kann sich das lohnen, auch weil der eventuelle Rückkaufwert der Versicherung niedriger sein kann als die eigentliche Summe aller eingezahlter Versichertenbeiträge. Bei einer erfolgreichen Rückabwicklung können Versicherungskunden Geldbeträge im vier- bis fünfstelligen Bereich einsparen. Laut den Urteilen habe der Versicherungsnehmer das Recht, die Anteile zurückzuerhalten, die in die Abschlussprovision und die allgemeinen Bearbeitungs- und Verwaltungskosten der Versicherung gegangen sind. Auch hat der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf die Verzinsung der Zahlungen.
Fehlerhafte Belehrungen: Ewiges Widerrufsrecht

Den Entscheidungen zu Grunde lagen die Details aus dem § 5a Abs. 2, S. 4 des Versicherungsvertragsgesetzes. Das Gesetz regelte bis jetzt die zeitliche Einschränkung des möglichen Widerrufs bei einer abgeschlossenen Lebensversicherung. Spätestens 1 Jahr nach dem Abschluss eines Vertrages sollte das Widerrufsrecht verfallen – unabhängig von der Richtigkeit oder Fehlerhaftigkeit einer Widerrufsbelehrung im Vertrag.
Bereits 2014 entschied der BGH, dass die Einschränkung nicht für Lebensversicherungen gelten kann. Ganz klar sah die Kammer darin einen massiven Verstoßen gegen das geltende Recht aus dem EU-Parlament und seine Richtlinien zu Lebensversicherungen. Nach einhelliger Meinung der Richter im Bundesgerichtshof sieht es so aus, dass der deutsche Gesetzgeber fehlerhaft gearbeitet und nicht die Richtlinien in das deutsche Recht übertragen hat.

Auch das Bundesverfassungsgericht entschied kürzlich in diese Richtung und bestärkte den Bundesgerichtshof mit der Ansicht, dass es keinerlei Bedenken verfassungsrechtlicher Art gäbe – zuvor hatte die Aachen-Münchener als Konzern Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidungen eingelegt. Mit Beschluss vom 23.05.2016 (Az.: 1 BvR 2230/15) wurde dieser Beschwerde endgültig abgeholfen.

Wie geht es weiter?

Schon seit Jahren hält sich die Freude bei den großen Versicherern in Grenzen, wenn es um die Entwicklungen im Widerrufsrecht ging. Diese Neuerungen werden das definitiv nicht ändern. Bereits im vergangenen Jahr sorgte die Welle von Widerrufen bei Immobiliendarlehen für immense Verluste – im kommenden Jahr könnte sich das ebenso bei Versicherern äußern. Für Vermittler und Makler kann das ebenfalls eine Gefahr darstellen.
Denn was bisher noch streitig war, ist jetzt beiseite gelegt und geklärt: Bei einer fehlerhaften Widerspruchsbelehrung gilt das ewige Widerrufssrecht. Nur so kann Verbraucherschutz fair sein.
Was jedoch noch nicht eindeutig geklärt ist, ist die genaue Abrechnung der Ansprüche bei einer erfolgreichen Rückabwicklung. Daher wird der zu gehende Weg bei einem solchen Widerruf dennoch steinig und bedarf wohl (fach)anwaltlicher Hilfe.

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Holger Spiegelberg
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank und Kapitalmarktrecht

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