Haftung des Geschäftsführers einer GmbH gegenüber dem Insolvenzverwalter – Urteil des OLG München zu stillen Reserven und Sorgfalt eines Kaufmanns

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Auf welche Umstände es bei der Haftung eines Geschäftsführers einer GmbH für Zahlungen, welche in der Krise der Gesellschaft geleistet werden, ankommt, hat das Oberlandesgericht München in eine Entscheidung vom Januar 2019, Az: 23 U 998/18 sehr gut nachvollziehbar ausgeführt.

Der in Anspruch genommene Beklagte war Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer KG (GmbH & Co. KG).
Der Insolvenzverwalter hat die Inanspruchnahme damit begründet, dass im Zeitpunkt der zurück geforderten Zahlungen die Gesellschaft finanziell überschuldet war und auch eine nachhaltige Beseitigung der Insolvenzreife nicht erfolgte.

Die finanzielle Überschuldung hatte der Insolvenzverwalter durch Darstellung eines nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages vorgenommen und behauptet, es existieren auch keine stillen Reserven, welche diese bilanzielle Überschuldung beseitigen könnten. Es wäre somit Aufgabe des Geschäftsführers gewesen, derartige stille Reserven oder sonstige Werte, welche in der Handelsbilanz womöglich nicht abgebildet werden, darzustellen, vgl. Urteil des BGH vom 27. April 2009, Aktenzeichen II ZR 253/07. Dies hatte jener aber nicht getan.

Es war insbesondere ohne Relevanz, dass, außer den dort streitigen Forderung eines Gläubigers, alle weiteren Verbindlichkeiten beglichen waren. Grundsätzlich ist es möglich, dass die Überschuldung nachhaltig beseitigt wird und somit auch die Antragspflicht-wieder-entfällt (vgl. BGH Urteil vom 12.3.2007, Aktenzeichen II ZR 315/05.

Ebenso wenig hatte der Geschäftsführer eine die Überschuldung im Sinne von § 19 Abs. 2 InsO ausschließende positive Fortführungsprognose belegt. Eine solche setzt neben dem Fortführungswillen des Schuldners auch die aus einem aussagekräftigen Unternehmenskonzept herzuleitende Überlebensfähigkeit des Unternehmens voraus. Die Maßnahmen müssen auf eine durchgreifende Sanierung der Gesellschaft gerichtet sein, denn die Unternehmensfortführung darf nicht die Risiken für die Gläubiger erhöhen.

Ebenso wenig hatte es der Geschäftsführer vermocht, den Beleg zu erbringen, dass die durch die Zahlungen erfolgte Schmälerung der Insolvenzmasse kompensiert wurde. Die Inanspruchnahme des Geschäftsführers nach § 130a Abs. 1 HGB soll im Interesse einer Gleichbehandlung der Gläubiger eine Schmälerung der Masse nach Eintritt der Insolvenzreife ausgleichen, (vgl. BGH, Urteil vom 18.11.2014, Az: II ZR 231/13.

Die vom Geschäftsführer vorgenommenen Zahlungen waren mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zudem unvereinbar. Der Geschäftsführer wäre verpflichtet gewesen, auch diesbezüglich das Gegenteil zu belegen. Denn es ist durchaus denkbar, dass das Verschulden des Geschäftsführers ausnahmsweise zu verneinen sein kann, soweit durch die Leistung des Geschäftsführers in der Insolvenzsituation im Einzelfall größere Nachteile für die Insolvenzmasse abgewendet werden. Dies kommt insbesondere bei Zahlungen in Betracht, ohne die der Betrieb im Zweifel sofort hätte eingestellt werden müssen und deswegen jede Chance auf eine Sanierung oder Fortführung im Insolvenzverfahren zunichte gemacht wäre, vgl. BGH, Beschluss vom 5.11.2007, II ZR 262/06.

Allerdings sind derartige Zahlung nur für einen Zeitraum von drei Wochen privilegiert. Innerhalb dieser Frist müssen die Sanierungsbemühungen abgeschlossen sein, vgl. Hanseatisches OLG, Urteil vom 25.6.2010, 11 U 133/06. Dazu bedarf es jedoch eines tragfähigen Sanierungskonzeptes, welches ebenso durch den Geschäftsführer vorgelegt werden muss.


Der Beklagte Geschäftsführer hat zudem auch fahrlässig gehandelt, da er sich selbst nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und Kenntnisse darüber verschafft hat, ob pflichtgemäß Insolvenzantrag zu stellen war. Selbst wenn er nicht über die ausreichenden Kenntnisse verfügt, so muss er sich fachkundig beraten lassen. Auch wenn er selbst nicht hinreichend sachkundig sein sollte, so hat er das Prüfungsergebnis einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen, BGH, Urteil vom 26. Januar 2016, II ZR 394/13.

Das Urteil macht deutlich, dass dem Geschäftsführer grundsätzlich schon eine Reihe von Möglichkeiten der Rechtsverteidigung gegen die Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter zustehen. Allerdings bedarf es diesbezüglich einer gründlichen Aufarbeitung und Vorbereitung in der Verteidigung, wobei es natürlich auch auf die tatsächlichen Vorgänge und somit den Beleg des Vortrages entscheidend ankommt.

Die allgemeine Rechtslage haben wir in einem allgemein gefassten Artikel zur Haftung des Geschäftsführers nach § 64 GmbH-Gesetz dargestellt, zudem folgender Link führt.

——->> Link zum Artikel : Welche Zahlungen darf der Insolvenzverwalter zurückfordern ?

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Holger Spiegelberg
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank– und Kapitalmarktrecht
Rostock

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