Haftung des GmbH-Geschäftsführers bei Insolvenz – welche Zahlungen darf der Insolvenzverwalter fordern ?

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Als wäre die Insolvenz der GmbH nicht schon schlimm genug. Sehr häufig hat der Geschäftsführer zu Beginn des Insolvenzverfahren dem Insolvenzverwalter tatkräftig geholfen, den Geschäftsbetrieb weiterzuführen. Sofern der Insolvenzverwalter den alten Geschäftsführer als “nützlichen Idioten” jedoch nicht mehr benötigt, erfolgt sehr häufig eine persönliche Inanspruchnahme des Geschäftsführers der GmbH durch den Insolvenzverwalter. Klar, dass dieser aus allen Wolken fällt, geht es bei der Inanspruchnahme doch häufig um erhebliche Beträge.

Grundsätzlich haften Geschäftsleiter einer GmbH  gemäß §§ 64 GmbHG ab dem Zeitpunkt des Vorliegens der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung – der sogenannten Insolvenzreife – für jede geleistete Zahlung. Dabei ist es ohne Relevanz, ob der Geschäftsführer dieser Zahlungsunfähigkeit nur fahrlässig nicht erkannt hat. Insbesondere gilt, dass nicht nur der kaufmännische Geschäftsführer haftet, sondern auch alle weiteren Geschäftsführer der Unternehmensleitung. Diese müssen sich – auch wenn sie ein anderes Ressort verantworten – über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft fortlaufend informiert halten.

Nach der soeben genannten Vorschrift ist es dem Geschäftsführer untersagt, nach dem Vorliegen der Insolvenzreife Zahlungen an Gläubiger zu leisten, selbst dann, wenn diese einen fälligen Anspruch darauf haben.

1) Bezahlung von Waren und Dienstleistungen

Höchst kompliziert ist die Frage zu beantworten, ob und welche bestellten Waren und Dienstleistungen vom Geschäftsführer nach Insolvenzreife bezahlt werden dürfen. Zu dieser Thematik gibt es eine Vielzahl zum Teil widersprüchlicher Entscheidungen, welche es dem Geschäftsführer sehr schwer machen, das Richtige zu tun.

Grundsätzlich kann man jedoch sagen, dass eine Zahlung dann gerechtfertigt war, sofern mit der Zahlung gleichzeitig ein Zugang in der Masse des Unternehmens erfolgte, so genannter Aktivtausch. Dies wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn mit dem Geld das Eigentum an einem Grundstück erworben wird.

2) Debitorisches Konto

Die Problematik des debitorischen Kontos mutet zwar etwas merkwürdig an, ist jedoch dennoch eine Haftungsfalle.

Der Geschäftsführer darf nach Insolvenzreife grundsätzlich keine Zahlung mehr auf ein im Kontokorrent – also im Minus – geführtes Geschäftsgirokonto zulassen. Faktisch wird mit dem Zahlungseingang die Kreditforderung der Bank (teilweise )ausgeglichen. Dies gilt aber dann nicht, sofern aufgrund einer vor Insolvenzreife vereinbarten vorhandener Einzel oder Globalzession die Sparkasse einen Anspruch auf den Einzug dieser Forderung auf das Girokonto hat und die Forderung ferner vor Insolvenzreife sowohl entstanden als auch werthaltig geworden ist, so der BGH in einem aktuellen Urteil vom  23. Juni 2015, Az. II ZR 366/13.

3) Löhne und Arbeitnehmerbeiträge

Grundsätzlich ist die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 266 a Abs. 1 StGB strafbar. Die steht doch in Widerspruch zu § 64 S.1 GmbHG, wonach dem Geschäftsführer diese Zahlung an sich verboten und mit persönlicher Haftung zudem sanktioniert ist.
Im Einzelfall ist dabei sorgfältig abzuwägen. Es ist dem Geschäftsführer grundsätzlich zu empfehlen, den Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung, die Lohnsteuer sowie die Umsatzsteuer abzuführen. Bei diesen Positionen handelt es sich um treuhänderische Zahlungen, welche der Geschäftsführer u.a. für die Arbeitnehmer erbringt. Eminent wichtig dabei ist, eine ganz konkrete Tilgungsbestimmung in den Verwendungszweck zu schreiben, beispielsweise “Zahlung Arbeitnehmerbeiträge Jan 2019”.

4. Haftungsbefreiung – Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes

Auf den ersten Blick hilft dem Geschäftsführer der GmbH die Regelung in § 64 S.2 GmbHG. Danach ist eine Haftung des Geschäftsführers für Zahlungen von der Haftung ausgenommen,  welche  nach Eintritt der Insolvenzreife ausgeführt wurden, sofern die Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vorgenommen wurden.
Sieht man sich dazu jedoch die ergangenen Entscheidungen der Rechtsprechung an, so fällt auf, dass hier viele Einzelheiten umstritten sind, grundsätzlich jedoch ein strenger Maßstab angesetzt wird.
Nur wenn mit den Zahlungen ein sofortiger Zusammenbruch des fortführungsfähigen Unternehmens oder Nachteile für die Insolvenzmasse verhindert werden, können diese zulässig sein.

In der Beweispflicht ist hier wiederum der Geschäftsführer, welcher darlegen muss, dass seine Zahlung weder masseschmälernd noch zur Benachteiligung weiterer Gläubiger geführt hat.

5. Liquiditätslücke und Zahlungsunfähigkeit

Aus Sicht der Geschäftsführung ist bei bestehenden Zahlungsschwierigkeiten stets zu prüfen, ob sich die Gesellschaft bereits in der Zahlungsunfähigkeit befindet oder nur eine rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung vorliegt.
Grundsätzlich wird angenommen, dass Zahlungsunfähigkeit vorliegt, wenn die Liquiditätslücke der GmbH 10 % und mehr beträgt.
Kann diese Liquiditätslücke jedoch innerhalb von drei Wochen durch Beschaffung der benötigten finanziellen Mittel geschlossen werden oder erklären sich Gläubiger zur Stundung fälliger Beträge bereit, ist die Zahlungsunfähigkeit zunächst abgewendet.

Der Geschäftsführung ist in diesen Zeiten dringend zu empfehlen, für sich selbst in tagebuchähnlicher Art die Abläufe und Handlungen zu dokumentieren. In den gerichtlichen Verfahren muss der Geschäftsführer beweisen, dass zu dem Zeitpunkt der von ihm vorgenommenen Zahlung keine Zahlungsunfähigkeit vorlag.

Wesentlich für die Haftung des Geschäftsführers ist die Feststellung, zu welchem Zeitpunkt wann die Insolvenzreife der GmbH überhaupt eingetreten ist. Ebenso wesentlich ist es, Fakten darzustellen, dass eine vorhandene Liquiditätslücke in absehbarer Zeit beseitigt worden wäre. Es ist klar, dass hier die Prozessaussichten umso besser sind, je mehr konkrete Fakten im Hinblick auf die Beseitigung von Zahlungsstockung in vorgetragen werden können. Ein jeweils aktuell gehaltener Finanzstatus und/ oder ein umsetzbarer Plan zur Beseitigung des Liquiditätsengpasses sind ohnehin erforderlich und helfen bei der Rechtsverteidigung gegenüber dem Insolvenzverwalter.

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Holger Spiegelberg
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank– und Kapitalmarktrecht
Rostock

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