Der Insolvenzverwalter der seit 2016 insolventen Schiffsgesellschaft “MS Nothern Endurance ” Schifffahrtsgesellschaft GmbH & Co. KG, Rechtsanwalt Penzlin, lässt über seinen Rechtsanwalt Volker Hey aus Berlin aktuell die Kommanditisten der Gesellschaft anschreiben und diese zur (teilweisen) Rückzahlung ihrer in den Jahren 2002-2008 erhaltenen Ausschüttungen auffordern.
Sollte man dieser Forderung nachgeben oder sich verteidigen?
- Insolvenzforderungen in Höhe von ca. 2,8 Mio
Nach der durch Rechtsanwalt Hey vorgelegten Tabelle belaufen sich die Forderungen der Insolvenzgläubiger auf etwa 2,8 Mio €. Ausgeschüttet wurden an die Kommanditisten in den Jahren 2002-2008 insgesamt ca. 10,7 Mio €.
Das bedeutet, würden alle Kommanditisten zur Rückzahlung herangezogen, müsste jeder ca. 30 % seiner erhaltenen Ausschüttungen zurückgewähren, um die als richtig unterstellten Gläubigerforderungen auszugleichen und das Insolvenzverfahren zu beenden.
2. Über welches Vermögen verfügt Insolvenzverwalter ?
Aus dem Schreiben des Rechtsanwalts wird außerdem nicht deutlich, über welches Vermögen der Insolvenzverwalter verfügt. Denn nach der aktuell gültigen Rechtsprechung des BGH ist der Insolvenzverwalter zum Einen dazu verpflichtet, eine ordnungsgemäße Insolvenztabelle vorzulegen, aus welcher sich die noch offenen Insolvenz-Verbindlichkeiten ergeben und zum Anderen darzustellen, dass die insolvente Gesellschaft selbst nicht aus ihrem eigenen Vermögen diese Zahlungen leisten kann.
Im Schreiben von Rechtsanwalt Hey findet sich zur Darstellung der Vermögenslage der Insolvenzschuldnerin jedoch keine Darstellung zum vorhandenen Vermögen. Es ist daher unbekannt, ob die Gesellschaft selbst über ausreichendes Vermögen verfügt, welches zur Zahlung der Verbindlichkeiten dienen kann und muss.
3. Ausschüttungen erfolgten aus Überschüssen.
Die “MS Northern Endurance” hat allerdings in den Jahren 2004-2008 tatsächlich operative Gewinne erzielt. Diese waren nach unserer Einschätzung auch geeignet, die in den Jahren 2001-2003 in 1. Linie aufgrund von erheblichen Abschreibungen entstandenen Verluste auf dem Kapitalkonto wieder auszugleichen.
So wies das Verlustkonto der Kommanditisten insgesamt im Jahre 2008 einen Verlustanteil von gerade mal 1,4 Mio € auf.
Somit kann der Insolvenzverwalter, nach unserer Lesart, allenfalls einen auf jeden Kommanditisten entfallenden Anteil in Bezug auf diesen Betrag zurückverlangen, was in etwa dem Betrag einer Jahresausschüttung in Höhe von 8.000 € entsprechen würde. Dies bedeutet allerdings nicht, dass wir Ihnen empfehlen wollen, diesen Betrag sofort und ohne weitere Prüfung zu zahlen.
4. Entwicklung des Kapitalkontos nicht dargestellt
Rechtsanwalt Hey unterlässt es zudem, eine Entwicklung des Kapitalkontos des einzelnen Anlegers nachzuzeichnen, sodass sich die Unterdeckung auf dem Konto in den jeweiligen Zeitpunkten nachvollziehen lässt. Nach unserer Auffassung und auch nach dem eigenen Vortrag von Rechtsanwalt Hay wäre dies jedoch eine Voraussetzung für die Geltendmachung eines Anspruchs nach § 172 Abs. 4 HGB.
5. Kenntnis der Bank, Verjährung
Sowohl aufgrund der Konzeption des Schiffsfonds als auch durch im Jahre 2009 ausbleibende vollständige Tilgung war der allein finanzierenden HSH Nordbank bereits seit diesem Zeitpunkt klar, dass eventuell zu Unrecht geleistete Ausschüttungen hätten zurückgefordert werden können.
Dennoch hat die Bank diese ihr selbstverständlich bekannten Ansprüche nicht geltend gemacht, sodass nach unserer Auffassung zumindest gegenüber den Kommanditisten ein Rückforderungsanspruch aufgrund eingetretener Verjährung nicht besteht bzw. Gegenansprüche gegenüber der Bank.
6. Fazit
Nach unserer Einschätzung ist es zum jetzigen Zeitpunkt zu früh, die nicht ausreichend belegte Forderung von Rechtsanwalt Hey zu bezahlen. Vielmehr sollte mit fachkundiger Hilfe versucht werden, die Berechtigung der behaupteten Forderung weiter zu prüfen und gegebenenfalls abzuwehren.
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Holger Spiegelberg
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank– und Kapitalmarktrecht
Rostock