Bis 31.12.2002 hatten ca. 1.100 Anleger 36 Mio € in der ursprünglich unter der Bezeichnung Beteiligungsgesellschaft Jüngerhans MPC mbh & Co. KG (MPC Fonds 128 MPC Jüngerhans -Schiffe investiert. Der Schiffsfonds beteiligte sich an 4 Einschiffsgesellschaften (MS Antares J, MS Auriga J, MS Corona J, MS Crux J) und hatte in den Jahren 2004 – 2008 insgesamt 35 % der eingezahlten Beträge an die Anleger wieder ausgeschüttet. Diese Ausschüttungen, etwa ein Betrag von 12 Mio €, fordert der Insolvenzverwalten nun zurück.
I. Neues Kapital durch die Anleger in 2010
Aufgrund niedriger Charterraten, einem Überangebot an Schiffen und der schwachen Weltwirtschaft geriet auch dieser Fonds in die Krise. Auch das Fremdwährungsrisiko hat sich durch die Kursentwicklung des YEN gegenüber dem Euro verwirklicht. Ausschüttungen fließen seit 2009 nicht mehr in dem versprochenen Umfang an die Anleger. Daher bat die Fondsgesellschaft – schon vor der Insolvenz – die Anleger zur Einzahlung weiterer Beträge und schlug ein vermeintlich rettendes Sanierungskonzept vor.
Im November 2010 zahlten die Anleger daraufhin weitere ca. 1,8 Mio. € Neukapital für die Schiffe MS Auriga J und MS Antares J. Das entsprach 5 % des Kommanditkapitals.
II. Insolvenzeröffnung
Trotz dieser Bemühungen arbeitete der Fonds nicht wirtschaftlich. So eröffnete das Amtsgericht Bremen (Beschluss vom 03.11.2015 – 507 IN 5/15) über das Vermögen der First Fleet Pascal Beteiligungsgesellschaft mbh & Co. KG das Insolvenzverfahren und bestellte Herrn Rechtsanwalt Ralph Bünning (Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung mbH, Bremen) zum Insolvenzverwalter.
Nunmehr fordert der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 09.01.2018 von den Anlegern die Ausschüttungen aus den Jahren 2004 – 2008 zurück. Somit droht den Anlegern nicht nur der Verlust ihrer ursprünglichen Einlage, sondern auch noch die Rückzahlung erhaltener Ausschüttungen.
Die Rückzahlungen an den Insolvenzverwalter sollen die Anleger bis zum 06.Februar 2018 leisten.
Allerdings sollte nach unserer Auffassung gründlich geprüft werden, ob der Anspruch des Insolvenzverwalters tatsächlich besteht. Letztendlich dürfen Ausschüttungen u.a nur in der Höhe zurückgefordert werden, wie offene Forderungen von Gläubigern bestehen.
Nach unserer Auffassung bestehen aus mehreren Gründen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Rückforderung
III. Haften die Kommanditisten – auch für die Ausschüttungen ?
Nachfolgend geben wir Ihnen zunächst einige grundlegende Informationen zur Haftung von Kommanditisten unter Bezugnahme aus den konkreten Fall:
- Haftungsprivileg des Kommanditisten
Die Kommanditisten sind von einer Außenhaftung (ggü. Gläubigern der Gesellschaft wie zum Beispiel Banken) frei, wenn
- sie als solche im Handelsregister eingetragen sind,
- sie ihre Kommanditeinlage vollständig und wirksam erbracht haben und
- ihnen die Kommanditeinlage auch nicht zurückgezahlt wurde.
Nur wenn diese 3 Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, greift diese Haftungsprivilegierung.
- Haftung vor Einlageleistung
Der Kommanditist haftet grundsätzlich persönlich und unmittelbar, nach § 173 HGB auch für die vor seinen Eintritt begründeten Verbindlichkeiten. Die Haftung ist nach außen hin beschränkt bis zur Höhe der im Gesellschaftsvertrag und in das Handelsregister eingetragenen Kapitaleinlage.
Diese Haftung ist ausgeschlossen, wenn der Kommanditist die Einlage wirksam geleistet hat.
Änderungen des Haftungskapitals gelten erst ab Eintragung ins Handelsregister. Ist der neu eingetretene Kommanditist noch nicht in das Handelsregister eingetragen, so haftet er wie ein Vollhafter (§ 176 Abs. 1 HGB).
Eine Haftung, welche über die Kommanditeinlage hinausgeht, ist ausgeschlossen.
- Haftung bei Rückzahlung der Einlage
Wird dem Kommanditisten die Einlage ganz oder teilweise zurückerstattet, lebt seine Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB wieder auf. Dies gilt vor allem bei unberechtigten Gewinnentnahmen bzw. bei Ausschüttungen, denen keine Gewinne der Gesellschaft gegenüberstehen.
Ausschüttungen können aus Gewinnen oder auch aus Liquiditätsüberschüssen erfolgen. Dabei können aber nur Ausschüttungen, denen keine Gewinne der Gesellschaft gegenüberstehen und daher nur aus Liquidätsüberschüssen erfolgen, unter bestimmten Voraussetzungen zurückgefordert werden.
Dabei ist die Feststellung, ob tatsächlich eine Ausschüttung aus Gewinnen der Gesellschaft oder eine Ausschüttung aus dem liquidem Gesellschaftsvermögen erfolgte und somit eine Rückgewähr der Einlage vorliegt, im Einzelfall häufig schwierig. Dies lässt sich nur anhand der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung der betroffenen Jahre ermitteln.
- Müssen die Anleger die Ausschüttungen zurückzahlen?
Keineswegs sollten sich die Anleger durch das Schreiben des Insolvenzverwalters verunsichern lassen. Vielmehr ist in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen, mit welcher Wahrscheinlichkeit im Streitfall der Insolvenzverwalter seinen Anspruch durchsetzen kann.
a) Gesellschaftsvertrag: gewinnunabhängige Ausschüttungen geregelt?
Die Ausschüttungen wurden in der Regel nicht aus Gewinnen der Gesellschaft finanziert, sondern stellen Liquidationsausschüttungen dar. Ob diese zurückgezahlt werden müssen, ist zwischen Innen- und Außenverhältnis zu unterscheiden.
aa) Innenverhältnis
Vor der Insolvenz schreibt oftmals die Fondsgesellschaft die Anleger an und fordert „freiwillige Nachschüsse“ oder „Neukapital“. Es ist zu prüfen, ob der Gesellschaftsvertrag gewinnunabhängige Ausschüttungen vorsieht. Der BGH (Urteile vom 12.03.2013 – II ZR 73/11, II ZR 74/11, Urteil vom 16.02.2016 – II ZR 348/14) hat deutlich gemacht, dass ein Anleger nur dann zur Rückzahlung von Liquidationsausschüttungen verpflichtet ist, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht. Der BGH hat diesbezüglich festgestellt, dass für die Wirksamkeit derartiger Regelungen erforderlich ist, dass diese so klar gefasst sind, dass der Anleger mit einer hinreichenden Bestimmtheit erkennen kann, welche Zahlungen im Einzelfall als Darlehen gewährt werden und welche nicht. Die Rechtsunsicherheit, welche aufgrund unklarer Formulierungen in den Gesellschaftsverträgen erfolgt, geht nicht zu Lasten des Anlegers.
- „gewinnunabhängig“
In den Gesellschaftsverträgen finden sich jedoch häufig Regelungen, dass Ausschüttungen erfolgen, auch ohne dass die Gesellschaft ein Gewinn erzielt hat.
- „Darlehen“
In einigen dieser Gesellschaftsverträge ist geregelt, dass „Ausschüttungen … als unverzinsliches Darlehen gewährt“ werden. Formulierungen im Gesellschaftsvertrag, wonach die Ausschüttungen „auf Darlehenskonto gebucht“ werden reichen nach der Ansicht des BGH nicht aus.
Von daher muss überprüft werden, ob die Regelung im Gesellschaftsvertrag unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des BGH klar genug ist und einen Rückforderungsanspruch der Gesellschaft begründet.
Erfahrungsgemäß können selbst freiwillige Nachschüsse bzw. Neukapital von Anlegern den Schiffsfonds nicht langfristig helfen. Im Fall einer Insolvenz droht den Anlegern somit der Verlust der Einlage und der Nachschüsse.
bb) Außenverhältnis
Allerdings bezieht sich die Urteile des BGH nur auf das Innenverhältnis zwischen Gesellschaftern und Fonds. Es gilt nicht im Außenverhältnis gegenüber Gläubigerbanken und Insolvenzverwalter. Die Außenhaftung ergibt sich nämlich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag, sondern aus dem Gesetz.
Dem Zahlungsbegehren der Drittgläubiger könnten Einwendungen gegen den Treuhänder entgegen gehalten werden und die Haftung damit effektiv abgewehrt werden können.
Das Landesgericht Frankfurt/Main (Urteil vom 27.07.2016 – 2-21 O 240/15) hat eine Klage auf Rückzahlung erhaltener Ausschüttungen abgewiesen. Das Gericht hat die Einwendung zugelassen, dass die Bank die Kreditforderung stundet – also die Forderung bei der Gesellschaft nicht „ernstlich einfordert” hat. Dann kann ein Kommanditist dies der Bank mit Erfolg entgegen halten. Eine Vereinbarung der Gesellschaft mit dem Gläubiger, aufgrund derer der Gläubiger gehalten sein soll nur die Gesellschafter in Anspruch zu nehmen, ist unwirksam.
Die Haftung bleibt auch nach Ausscheiden aus der Fondsgesellschaft bestehen (z. B. Verkauf der Anteile, Kündigung). Die Nachhaftungsfrist beträgt 5 Jahre; eine Inanspruchnahme ist (inkl. Verjährung) bis 8 Jahre möglich, teilweise unbefristet.
b) Unterschied Pflichteinlage – Hafteinlage
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Pflichteinlage und Hafteinlage, da diese der Insolvenzverwalter bei der Rückforderung nicht beachtet.
Die Pflichteinlagebestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag.
Die Hafteinlage(auch: Haftsumme) ist der im Handelsregister eingetragene Betrag, der die Haftung nach außen begrenzt.
Beispiel: Sie erwerben eine Kommanditbeteiligung im Wert von 30.000 € und zahlen 30.000 € ein. Nach dem Gesellschaftsvertrag sind 30.000 € Ihre Pflichteinlage, aber die Hafteinlage ist auf 40 % begrenzt. Somit haften Sie nur für 12.000 €.
c) Keine Rückzahlung bei erwirtschafteten Gewinnen
Weiter ist zu prüfen, ob es sich bei den Ausschüttungen um gewinnunabhängige Ausschüttungen handelt oder ob die Ausschüttungen aus erwirtschafteten Gewinnen stammen. Sofern die Ausschüttungen aus Gewinnen bestehen, so sind durch den Insolvenzverwalter keine Rückforderungsansprüche möglich.
d) Befriedigung der Gläubiger unklar,
Weiterhin darf der Insolvenzverwalter nur Ausschüttungen zurückverlangen, soweit diese zur Befriedigung der Gläubiger benötigt werden. Nach der uns vorliegenden Tabelle wurden im Insolvenzverfahren gerade einmal 3,5 Mio € an Forderungen angemeldet. Weswegen der Insolvenzverwalter aber knapp 12 Mio € zurück fordert, ist daher für uns derzeit nicht nachvollziehbar und zunächst erst einmal unberechtigt. Wenn überhaupt dürfte der Insolvenzverwalter nur diese 3,5 Mio Euro, sprich ca. 10 % der Anlagesumme, von jedem Anleger zurückfordern.
e) Freistellungsanspruch
Fraglich ist, ob der Insolvenzverwalter aus abgetretenem Recht einen Anspruch herleiten kann. Der Insolvenzverwalter behauptet, dass die Treuhänderin (TVP) die ihr gegen die Treugeber zustehenden Freistellungsansprüche abgetreten habe. Richtig ist zwar, dass die Treuhänderin nach dem Treuhandvertrag einen Freistellungsanspruch gegenüber den Treugebern hat. Die Abtretung könnte jedoch aus mehrfachen Gründen unwirksam sein.
f) Verjährung
Vorsorglich sollte die Einrede der Verjährung erhoben werden. Aufgrund von Sanierungsbemühungen war den Gläubigern der Gesellschaft schon seit 2010 bekannt, dass womöglich Ausschüttungen zu unrecht gezahlt wurden und eine evtl. Rückzahlung erfolgen muss. Die lt. HGB anzuwendende Verjährungsfrist von 5 Jahren ist im Jahr 2018 jedenfalls abgelaufen.
Grundlegender Beitrag zur Rückforderung von Ausschüttungen auch hier ———–>
- Fazit
Ich empfehle Ihnen, vor Fristablauf dem Insolvenzverwalter schriftlich aufzufordern, seine Forderung detailliert zu begründen und zu belegen. Setzen Sie ihm eine Frist zur Stellungnahme von 2 Wochen (genaues Datum) zu setzen.
Sofern der Insolvenzverwalter weiter auf die Zahlung besteht und eine gerichtliche Geltendmachung androht, empfehle ich jedem Anleger, die Zahlungsforderung des Insolvenzverwalters durch einen spezialisierten Rechtsanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht prüfen zu lassen.
- unser Angebot – kostenfreie Ersteinschätzung
Ob Ausschüttungen zu Recht oder zu Unrecht zurückverlangt werden, bedarf einer fachgerechten Prüfung. Wir können diese für Sie im Rahmen einer kostenfreien Ersteinschätzung vornehmen. Übersenden Sie uns dazu bitte folgende Unterlagen:
- Zeichnungsschein
- Gesellschaftsvertrag
- Treuhandvertrag
- Aufforderungsschreiben des Insolvenzverwalters
- Jahresberichte mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnungen (sofern vorhanden)
- Mitteilung, ob bzw. in welcher Höhe Sie an der Sanierung teilgenommen haben
- Mitteilung, ob die Haftsumme mit der Kapitaleinlage übereinstimmt
Vielen Dank!
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Haben Sie Fragen?
Dann rufen Sie uns an, bzw. schicken Sie uns eine E-Mail, gegebenenfalls mit den entsprechenden Unterlagen.
Telefon: 0381 / 440 777 0
E-Mail: info@ra-spiegelberg.de
Holger Spiegelberg
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rostock